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Ein Brückenschlag zwischen kausalem und erklärendem Schließen.
Antragsteller
Dr. Matteo Colombo
Fachliche Zuordnung
Theoretische Philosophie
Förderung
Förderung von 2011 bis 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 201291989
Kausales und erklärendes Schließen gehören zu den Grundpfeilern der wissenschaftlichen Rationalität. So ist zum Beispiel die Erkenntnis kausaler Strukturen eine Grundvoraussetzung für akkurate Vorhersagen und für erfolgreichen Umgang mit komplexen Systemen. Daher wird der Wert einer wissenschaftlichen Erklärung häufig daran gemessen, inwieweit sie einen kausalen Mechanismus aufzeigt. Es bleibt jedoch unklar, ob sich Erklärung auf Verursachung reduzieren lässt, auf welche Weise die Erkenntnis kausaler Strukturen einen Erklärungsprozess beeinflusst, und inwiefern erklärende und kausale Urteile quantitativ miteinander korreliert sind. Dieses Projekt untersucht die Beziehung zwischen kausalem und erklärendem Schließen im Rahmen einer allgemeinen Rationalitätstheorie, nämlich des Bayesianismus. Insbesondere erforschen wir, inwieweit mit Hilfe des bayesianischen Wahrscheinlichkeitskalküls eine einheitliche Theorie kausaler und erklärender Schlüsse gegeben werden kann. Die Grundidee ist, dass Ursachen ihre Wirkungen wahrscheinlicher machen, und dass auch Erklärung letztlich durch die Veränderung subjektiver Erwartungen beschrieben werden kann. Dieses Forschungsprogramm hat bei der Entwicklung probabilistischer Kausalitätstheorien und bayesianischer Erklärungsmaße beachtliche Erfolge erzielt, aber eine Untersuchung der Wechselwirkung zwischen kausalem und erklärendem Schließen steht noch aus. Das Projekt besteht aus drei Teilprojekten, die sich auf verschiedene Weise der Beziehung zwischen kausalem und erklärendem Schließen widmen. Dabei kombinieren wir formale mit experimentellen Methoden und erzielen so Resultate, die sowohl für aktuelle psychologische als auch für grundlegende philosophische Forschungsfragen von hoher Relevanz sein werden. Teilprojekt A besteht aus einer qualitativen und experimentellen Untersuchung des Zusammenhangs zwischen kausalen und erklärenden Urteilen, mit besonderer Beachtung kontextueller Faktoren und nicht-kausaler Erklärungen in den Wissenschaften. Teilprojekt B entwickelt mit Hilfe formaler Methoden ein Maß kausaler Stärke, validiert dieses Maß empirisch und vergleicht es mit bayesianischen Erklärungsmaßen. Dies macht es möglich zu untersuchen, unter welchen Bedingungen kausale Stärke und Erklärungsstärke übereinstimmen bzw. voneinander abweichen. Teilprojekt C wendet diese Ergebnisse auf ein klassisches erkenntnistheoretisches Problem an: wie sollte das Lernen eines Konditionals (Wenn A, dann B) die übrigen Überzeugungen einer rationalen Person beeinflussen, und welche Rolle spielen kausale und erklärende Erwägungen in diesem Prozess? Abschließend erforschen wir, inwieweit kausales und erklärendes Schließen innerhalb des formalen Rahmens der Wahrscheinlichkeitstheorie vereinheitlicht werden kann.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
Teilprojekt zu
SPP 1516:
New Frameworks of Rationality
Internationaler Bezug
Niederlande
Beteiligte Person
Professor Dr. Jan Michael Sprenger