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Sozinianische Netzwerke und ihr Einfluss auf die europäische Frühaufklärung
Antragsteller
Professor Dr. Kestutis Daugirdas
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Förderung
Förderung von 2011 bis 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 201649558
In der Forschung gilt als unbestritten, dass die (früh-)aufklärerischen Debatten um die Bibelhermeneutik, Christologie, Anthropologie und Eschatologie vielfache methodische, aber auch inhaltliche Neuansätze nach sich zogen. Mit einer zunehmend historischen Herangehensweise an die biblischen Texte, die man aus ihrer eigenen Sprache und Umwelt heraus zu verstehen suchte, verband sich oft das ausgeprägte Interesse an der historischen Gestalt Jesu und seiner (Moral-)Lehre, wobei die traditionelle dogmatische Begründung der Bedeutung seiner Person als Gott-Mensch in den Hintergrund trat. Diese bibelhermeneutischen und christologischen Entwicklungen wurden von der Problematisierung der bis dahin gängigen Anthropologie mit ihrer Ur- und Erbsündenkomponente begleitet, mit der sich wiederum Diskussionen um die eschatologische Auferstehungswirklichkeit der Leiber und – vor allem – um die Frage der ewigen Strafen für Sünder paarten. Das vorliegende Vorhaben geht von der Arbeitshypothese aus, dass sozinianische bibelhermeneutische, christologische, anthropologische und eschatologische Hauptanliegen einen bedeutenden Beitrag zu den erwähnten Entwicklungen leisteten. Von Fausto Sozzini (1539-1604) im ausgehenden 16. Jahrhundert selbständig durchdacht und an die bereits bestehende polnisch-litauische ecclesia reformata minor vermittelt, wurden sozinianische Bibelhermeneutik, Christologie, Anthropologie und Eschatologie im Verlauf des 17. Jahrhunderts auch in Mittel- und Westeuropa zum Gegenstand zahl-reicher universitärer Diskussionen und privater Überlegungen, um schließlich in der Epoche der Frühaufklärung (ca. 1680-1720) europaweit kritisch aufgegriffen und reflektiert zu werden. Derart weite Verbreitung und diskursive Berücksichtigung der Ideen einer im Vergleich zu den etablierten Kirchen zahlenmäßig überproportional kleinen Gruppe, wie die Sozinianer es waren, wirft zwei eng ineinandergreifende Fragen auf: Worin besteht das Besondere dieser Ideen und wie funktionierte ihre offen-bar recht effektive Vermittlung? Beide Fragen will das Vorhaben mit seiner Konzentration auf der Entstehung und historischen Entwicklung der genannten sozinianischen Hauptanliegen einerseits und ihre Verbreitung mittels der gelehrten Netzwerke in Europa andererseits beantworten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen