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Neo-Kunsthandwerk, digitale Technologie und die neue Rolle der Peripherie im Weltmarkt für stille und bewegte Bilder

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung von 2011 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 203142597
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Vorhaben ging der Frage nach, wie die dualistische Theorie räumlicher Arbeitsteilung von zentraler Kreativarbeit und peripherer Routinearbeit im Zuge des digitalen technologischen Wandels durch eine neue Arbeitsteilung überwunden wird. Darüber hinaus wurde untersucht, wie sich Akteure an Standorten in der Weltmarktperipherie in den globalen Kreativmarkt einbinden. Die Agenturfotografie diente als beispielhafte Branche einer sich stark wandelnden Kreativindustrie. Mithilfe eines gemischten Methodendesigns wurden Bildagenturen auf drei analytischen Ebenen untersucht: auf globaler Ebene durch eine weltweit einzigartige Netzwerkbefragung von etwa 2400 Agenturen, auf regionaler Ebene durch 30 nicht-standardisierte Interviews mit Agenturen größtenteils aus Buenos Aires (Argentinien) und Warschau (Polen) sowie mit 100 Agenturinterviews auf der Ebene internationaler Messen und Kongresse. Die empirischen Ergebnisse leisten Beiträge zur Reorganisation der räumlichen Arbeitsteilung der Kreativarbeit, zum Verständnis der Entstehung und Steuerung einer globalen Lieferkette und zur Bewertung der Integration peripherer Marktteilnehmer in die globale Kreativwirtschaft. Die Reorganisation der räumlichen Arbeitsteilung in der Agenturfotografie manifestiert sich in drei wesentlichen Prozessen: erstens einer fortschreitenden Vertiefung der sozialen Arbeitsteilung durch Spezialisierung der Agenturen auf neue intermediäre Wertschöpfungsstufen, zweitens der Entstehung eines weltumspannenden Netzwerks der Vertriebskooperation und drittens einer geographischen Ausdehnung und latent erkennbaren Dezentralisierung der Kreativarbeit von metropolitanen Zentren. Diese Entwicklung steht im Widerspruch zu einer dualistischen Theorie kreativer Arbeit und unterstützt die These eines zunehmend raumzeitlich flexibilisierten Neokunsthandwerks. Die Koordination der globalen Arbeitsteilung erfolgt nicht über Marktbeziehungen sondern über eine historische Explosion sowohl nationaler als auch internationaler Vertriebspartnerschaften, die vor allem auf den Leitkongressen der Agenturfotografie durch den Prozess des ‚rewiring‘ periodisch neu verschaltet werden. Bildmessen und –kongresse werden immer wichtiger und Agenturen nutzen diese Veranstaltungen weniger zum Erwerb von Marktwissen, als vielmehr zur Identifikation von Kooperationspartnern und zur Integration in die globale Lieferkette. Die Studie fördert das Verständnis von temporärer Nähe in ihrer Funktion als soziales Relais zur Verschaltung eines globalen Vertriebsnetzes. Trotz Vertiefung und geographischer Ausdehnung der Arbeitsteilung erwies sich der Zutritt für Anbieter aus peripheren Märkten zum globalen Kreativmarkt als eingeschränkt. So nahmen Agenturen aus der in verschiedene Typen klassifizierten Weltmarktperipherie weniger an Messen und Kongressen teil und konnten diese auch schlechter für ihre Einbindung in Vertriebspartnerschaften nutzen. Schließlich ließ sich mithilfe einer netzwerkanalytischen Blockmodellierung der Vertriebsbeziehungen ein dreiteiliges Modell der globalen Arbeitsteilung ableiten, das neben einem hoch vernetzten globalen Zentrum (Nordamerika, Westeuropa, aber auch China und Russland) zwei Typen asymmetrisch angebundener Peripherien ausweist. Während einige asiatische Märkte den Zutritt einseitig als offshore Vorproduzenten erlangt haben, sind viele weitere Länder Asiens, Lateinamerikas aber auch Osteuropas lediglich zu Importregionen für Bildlizenzen aus den Kernmärkten Nordamerikas und Europas herangewachsen. Nur in Einzelfällen (z.B. Polen) haben Agenturen der Peripherie bereits eigene Exportaktivitäten entwickeln können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2012) Neue Arbeitsteilung im globalen Bildermarkt: Ein Forschungsprojekt an der Universität Heidelberg. In BVPA (Hg.), Handbuch Bildermarkt 2012. Berlin: BVPA
    Jordan M, Glückler J
  • (2013) Stagnation, Konzentration, Preisverfall. Ergebnisse der ersten Studie des globalen Bildermarkts. In BVPA (Hg.), Handbuch Bildermarkt 2013. Berlin: BVPA
    Glückler J, Panitz R
  • 2013) Global Survey 2012: Reports. Global Stock Image Market (GSIM) Research Group. Heidelberg: Heidelberg University. Parts I to III: Report I: Players, Products, Business Report II: Marketing, Distribution, Performance Report III: Regions, Trade, Divisions of Labor
    Glückler J, Panitz R
  • (2014) Information overload, navigation and the geography of mediated markets. Industrial and Corporate Change 23(5), 1201-1228
    Glückler J, Sánchez Hernández JL
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/icc/dtt038)
  • 2014) Global Survey 2012: Sonderauswertung Deutschland. Global Stock Image Market (GSIM) Research Group. Heidelberg: Heidelberg University
    Panitz R, Wagner M
 
 

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