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Revision der basalen Sphenacodonten (Haptodontinae): systematische und evolutionäre Implikationen

Fachliche Zuordnung Paläontologie
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 204358781
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Eine Revision des gesamten bisher bekannten Materials urtümlicher Sphenacodontia (Synapsida: „Pelycosauria“), die eine Vorstufe der säugetierähnlichen Therapsiden darstellen, ist auf Grundlage von originärer, detaillierter Dokumentation aller verfügbaren Skelettreste und unter Einbeziehung bislang unveröffentlichter Fossilfunde durchgeführt worden. Historische Probleme der Systematik wurden dabei endgültig entwirrt. Die Analyse dieser Gruppe des ausgehenden Karbon und frühen Perm lässt sowohl palökologische als auch evolutionäre Schlüsse zu, die maßgeblich zum Verständnis früher Synapsiden und des Ursprungs der Therapsida beitragen:  Die bisher den frühen Sphenacodontia zugeordneten oder als ungültig geführten Arten Datheosaurus macrourus (Karbon, Polen) und Callibrachion gaudryi (Perm, Frankreich) konnten als Caseasauria identifiziert werden, für deren frühe Evolution sie wertvolle morphologische Einsichten liefern. Da diese Linie große Pflanzenfresser hervorbrachte, sind ihre fleischfressenden Urformen von besonderem Interesse.  Die ältesten Nachweise von Sphenacodontia sind möglicherweise fortschrittlicher als bislang vermutet. Das fragmentarische Material (Karbon, Nova Scotia) zeigt Übereinstimmungen mit den Therapsiden als Stammgruppe der Säugetiere. Da die unmittelbar verwandte Gruppe der Sphenacodontiden (z.B. Dimetrodon) bis ins Karbon zurückreich, müssen auch Therapsiden dieses Alter haben, wenngleich eindeutige Fossilien nicht tiefer als Mittelperm auftreten.  Zum Holotypus von Ianthodon schultzei (Karbon, Kansas) sind weitere Skelettteile eindeutig zugeordnet worden. Somit ist die morphologische Kenntnis auf das Vierfache angestiegen, indem nunmehr auch Gaumen, Unterkiefer und wenige Postcrania gut dokumentiert sind. Phylogenetisch bestätigt sich eine Position als Schwestertaxon zu den Sphenacomorpha (Sphenacodontia und Edaphosauridae).  Die Revision des Materials von „Haptodus“ garnettensis (Karbon, Kansas) führte zu der Einsicht, dass eine Unterschiedenheit von der Typusart Haptodus baylei (Perm, Frankreich) vorliegt. Die vorgeschlagene Neubenennung wird derzeit als Einzelpublikation vorbereitet.  Von „Haptodus“ garnettensis ausgeschlossen werden zwei Funde, die in ihrer Kieferform deutlich abweichen. Eine der Neuidentifikationen zeigt den Erstnachweis einer deutlichen Zahnlücke im Oberkiefer bei frühen Synapsiden. Dieses Merkmal wurde bislang nur von Therapsiden erwartet. Gemeinsam mit Ianthodon und dem basalen Edaphosauriden Ianthasaurus stellen diese frühen Sphenacomorpha, die allesamt aus derselben Fundstelle von Garnett (Kansas) stammen, eine Art „karbonischer Darwinfinken“ dar. Ihre Anpassungsvielfalt nahe des gemeinsamen Ursprungs von Sphenacodontia und Edaphosauridae demonstriert modellhaft, wie sich Artenbildung auch in der erdgeschichtlichen Vergangenheit als ökologisches Phänomen vollzogen hat.  Auch der großwüchsige „Haptodus“ grandis (unterstes Perm, England) wurde als eigenständige Gattung erkannt und steht zusammen mit Pantelosaurus, Cutleria und Tetraceratops den Therapsiden näher. Damit ist Tetraceratops (Perm, Texas) als vermeintlich ältester bekannter Therapside abgewiesen.  Die kritische Analyse bisheriger Hypothesen zum Ursprung der Therapsiden als der Stammgruppe der Säugetiere beruht auf stammesgeschichtlichen wie palökologischen Ansätzen. Die Ergebnisse zeigen, dass Therapsida im Karbon aufgetreten sein müssen, d.h. sie leiten sich nicht im späten Unterperm aus Sphenacodontidae ab. Ihr Fehlen im Fossilbericht bis zum Ende des Unterperms kann mit einer Biomverschiebung erklärt werden, bei welcher Klimatrends zu einer diachronen Überdeckung steppenartiger Biome mit den fossil überlieferungsfähigen Beckenarealen kommt. Als Teil ihres Stammbioms wanderten die zuvor in extrabasinalen Hochlandsteppen verbreiteten Therapsiden in das „Fenster“ des Fossilberichts in den Becken ein. Basale Synapsiden („Pelycosaurier“) wurden gemeinsam mit ihrem Biom der feuchten Niederungen zurückgedrängt und nicht, wie zuweilen angenommen, durch direkte Konkurrenz mit ihrer therapsiden Schwestergruppe.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013): The Niederhäslich tetrapod assemblage (Early Permian, Döhlen basin) from Germany – new insights to ecology, reptiliomorph diversity, and the biology of (basal Sphenacodontia). – Abstract volume of 73. Annual Meeting SVP, 218
    Spindler, F.
  • (2014): On a potential fossil hotspot for Pennsylvanian – Permian non-aquatic vertebrates in central Europe. – Paläontologie, Stratigraphie, Fazies (22), Freiberger Forschungshefte, C 548, 39-44
    Voigt, S., Fischer, J., Schindler, T., Wuttke, M., Spindler, F. & Rinehart, L.
  • (2014): Reviewing the question of the oldest therapsid. – Paläontologie, Stratigraphie, Fazies (22), Freiberger Forschungshefte, C 548, 1-7
    Spindler, F.
  • (2015): New information in the cranial and postcranial anatomy of the early synapsid Ianthodon schultzei(Sphenacomorpha: Sphenacodontia), and its evolutionary significance. – Fossil Record 18, 17-30
    Spindler, F., Scott, D. & Reisz, R.R.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.5194/fr-18-17-2015)
  • (2015): The basal Sphenacodontia – systematic revision and evolutionary implications
    Spindler, F.
  • (2016): Callibrachion and Datheosaurus, two historical and previously mistaken basal caseasaurian synapsids from Europe. – Acta Palaeontologica Polonica, 61 (3): 597-616
    Spindler, F., Falconnet, J. & Fröbisch, J.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.4202/app.00221.2015)
 
 

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