Imagination und kontrafaktisches Wissen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die beiden Projekte ‚Wie wir wissen, was wäre wenn‘ und ‚Imagination und kontrafaktisches Wissen‘ beschäftigten sich mit der gegenwärtig sehr intensiven Debatte in der modalen Erkenntnistheorie. Das erste Projekt (2012-2015) war der von Timothy Williamson (2007) entscheidend vorangetriebenen Erkenntnistheorie kontrafaktischer Konditionale und ihres Gebrauchs in der Erkenntnis von Möglichkeit und Notwendigkeit und in Gedankenexperimenten gewidmet. Es erwies sich als eine fruchtbare Publikationsstrategie, die Auseinandersetzung mit Williamsons Theorie als eine Metakritik der Debatte zwischen Williamson und seinen Kritikern anzulegen. Die Veröffentlichungen, die im Projekt entstanden, bieten insofern zum einen eine Einschätzung der Einwände, die gegen Williamsons Theorie vorgebracht wurden. Sie tragen dazu bei, Williamsons attraktive Vision der Philosophie als einer Wissenschaft unter anderen zu stützen. Zum anderen zeigen sie Alternativen zu Williamsons Theorie auf, insbesondere was die formale Konstruktion von Argumenten mit Hilfe von Gedankenexperimenten betrifft. Die Ergebnisse tragen zu einer differenzierteren Beurteilung der erkenntnistheoretischen Rolle kontrafaktischer Konditionale bei. Veränderungen gegenüber den ursprünglichen Projektzielen bestanden erstens darin, dass wir dem heiß diskutierten Problem abwegiger Realisierungen von Gedankenexperimenten größere Aufmerksamkeit schenkten. Zweitens verschob sich der Fokus von der Untersuchung des Gebrauchs kontrafaktischer Konditionale in den Einzelwissenschaften auf die Anwendung von Konditionalen in philosophischen Subdisziplinen. Neue Kooperationen ergaben sich insbesondere mit dem sprachwissenschaftlichen Projekt (Romero). Eine harmonische Erweiterung des Arbeitsprogramms bestand in der Erforschung bestimmter sprachphilosophischer Eigentümlichkeiten kontrafaktischer Konditionale, insbesondere von Sobel-Sequenzen. Das zweite Projekt ‚Imagination und kontrafaktisches Wissen‘ hatte zwei Hauptteile. Im ersten Hauptteil ging es um die sehr intensive Gegenwartsdebatte zum Gebrauch der Einbildungskraft in modaler Erkenntnis. Wieder erwies es sich als eine fruchtbare Publikationsstrategie, die Auseinandersetzung mit dieser Debatte anhand ganz bestimmter Einwände gegen den modalen Gebrauch der Imagination zu führen. Van Inwagens Einwand mangelnder Spezifikation imaginierter Szenarien gab Anlass dazu, ein eigenes innovatives Modell der modalen Imagination zu entwickeln, das Aspekte wie Ähnlichkeit von Welten einbezieht. Der zweite Hauptteil war dem Potenzial von Kants Theorie der Einbildungskraft gewidmet, den modalen Gebrauch der Imagination verständlich zu machen. Der Erkenntnisgewinn bestand darin, dass sowohl die Parallelen zu gegenwärtigen Theorien der Einbildungskraft als auch die entscheidenden Unterschiede deutlich gemacht werden konnten, die Kants sehr speziellen Zugriff auf das Phänomen charakterisieren. Auch im zweiten Projekt haben wir uns weniger als geplant mit der Anwendung der Imagination in den Einzelwissenschaften beschäftigt. Indes bot das gemeinsame Interesse an der historischen Imagination Anlass zu einer neuen Kooperation mit dem literaturwissenschaftlichen Projekt (Nicolosi). Sinnvolle Erweiterungen des Arbeitsprogramms bestanden erstens darin, dass wir auch neuere Alternativansätze modaler Erkenntnis untersuchten, und zweitens darin, dass wir uns mit neueren Interpretationen von Kants Modaltheorie auseinandersetzten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2017. Counting Things that Could Exist. The Philosophical Quarterly 67/ 266, 127–147
Rosefeldt, Tobias
(Siehe online unter https://doi.org/10.1093/pq/pqw039) - 2017. Is There an Incremental Reading of Conditionals?. Australasian Philosophical Review 1:2, 173-178
Dohrn, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.1080/24740500.2017.1346412) - 2017. Nobody Bodily Knows Possibility. The Journal of Philosophy 114, 678-686
Dohrn, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.5840/jphil20171141245) - 2017. Presuppositional Anaphora is the Sobel Truth. In: Domaneschi, P., Pistoia Reda S., hg., Linguistic and Psycholinguistic Approaches on Implicatures and Presuppositions, Basingstoke: Palgrave McMillan, 199-238
Dohrn, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-319-50696-8_8) - 2018. Real possibility and relation to an object. Remarks on Kant's Modal Metaphysics. European Journal of Philosophy 26, 1148-1152
Rosefeldt, Tobias
(Siehe online unter https://doi.org/10.1111/ejop.12358) - 2018. Thought Experiments without Possible Worlds. Philosophical Studies 175, 363-384
Dohrn, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11098-017-0871-z) - 2019. Counterfactuals and Non-Exceptionalism about Modal Knowledge. Erkenntnis
Dohrn, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10670-018-0086-5) - 2019. Counterfactuals vs. Conceivability as a Guide to Modal Knowledge. Philosophical Studies
Dohrn, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11098-019-01386-x) - 2019. Kant on Imagination and the Intuition of Time. In Pollok, K, Gentry, G., hg., The Imagination in German Idealism and Romanticism. Cambridge: Cambridge University Press, 48-65
Rosefeldt, Tobias
(Siehe online unter https://doi.org/10.1017/9781108178662.003) - 2019. Kant on the Epistemic Role of the Imagination. Synthese
Rosefeldt, Tobias
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11229-019-02100-4) - 2019. Modal Epistemology Made Concrete. Philosophical Studies 176, 2455-2475
Dohrn, Daniel
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11098-018-1135-2) - 2020. Kant's Logic of Existence. Journal of the History of Philosophy 58. 521-548
Rosefeldt, Tobias
(Siehe online unter https://doi.org/10.1353/hph.2020.0050)