Chinesische Theaterwelten der Gegenwart
Zusammenfassung der Projektergebnisse
China. Seine Landesgröße, Bevölkerung und Geschichte, in Jahrtausenden gezählt, sind schwer vorstellbar; die Politik der kommunistischen Machthaber seit 1949 - oder besser, die Machtkämpfe die sie ausmachen - nicht nachvollziehbar. Beim Versuch doch eines Überblicks fällt die erste Wahl sicher nicht auf die Theaterwissenschaft. So ist es umso erstaunlicher, wie sinnvoll diese ihr Material präsentieren kann. Die Figuren sind Kunstwerke und Propagandisten der Macht, in ihren Lobpreisungen und Gegnerschaft offenbart sich in höchster Konzentration die aktuelle politische-gesellschaftliche Situation. Die Themen entstammen dem aktuellen Kampagnenkatalog (Sozialistischer Aufbau, Großer Sprung nach vorn; Klassenkampf und Kulturrevolution; Reform und Öffnungspolitik …), in der ästhetischen Ausgestaltung wird auf das traditionelle Theater, jener spektakulären Mischung aus gesprochenen Texten, Gesang, Akrobatik und Bühnenkämpfen zurückgegriffen, wenn es Darstellungsmittel für Dreifachhelden braucht, das vor 100 Jahren über Japan aus dem Westen eingeführte Sprechtheater als großes Schauspiel eignet sich prächtig für die Zurschaustellung von Fortschritt und noch mehr Glorie der Partei. Ab den 1980 er Jahren mochten die Chinesen Film, Fernsehen und Elektronikspielzeug lieber als das omnipräsente Propagandatheater bislang. Mit ihm wurde auch gleich die ganze Theatertradition verabschiedet. Es entstand ein neues Theater jenseits von Propaganda - als l'art pour l'art, Unterhaltung, Diskussionsforum. Wiederum ein Paradigma für Politik und eine Gesellschaft, die jetzt nicht radikale Überzeugungen sondern Aufschwung bewerkstelligen sollte und dafür ein paar Vergünstigungen zugestanden bekam. Die Theaterleute wussten die Freiräume zu nutzen, in der erstaunlich liberalen Phase von 1993 bis 2013 hatte ein verjüngtes, gebildetes, offen gesinntes, wohlhabendes Publikum die Wahl zwischen wilden Experimenten, Avantgarde genannt, ferner engagierten Zeitstücken im Großformat und in den Kellertheatern, Kommerztheater mit Stars aus dem Fernsehen, ausländischen Präsentationen. Neben dem dominanten Bezahltheater boten noch staatliche, städtische und Truppen des Militärs ihr Museumstheater an. Im März 2013 wurde wieder alles anders. Staatspräsident Xi Jinpin beorderte das Theater in den Dienst seines neuen Nationalismus, als „Chinesischer Traum“ propagiert.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Duoyuan, kuajie, ronghe (Vielfältigkeit, Crossover, Fusion). In: Wenyi Bao (Literatur/Kunst-Zeitung), 14.08.2013. 6 S.
Li, Yinan
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Jiegoushi xijugouzuo qianxi (Eine Analyse der Dramaturgie der De-Konstruktion). In: Xiju (Theater), August 2015. 9 S.
Li, Yinan
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Materialität(en) des Kultur- und Wissenstransfers in prä- und transnationalen Kontexten. Frankfurt am Main 2015
Gissenwehrer, Michael und Keim, Katharina (Hg.)
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Theatrale Begegnungen auf der Seidenstraße. In: Kaminski, Gerd (Hg.): Wen versus Wu. Streit und Streitschlichtung. Krieg und Frieden in der chinesischen Tradition und Gegenwart. Harmonie im Zeichen der Neuen Seidenstraße? Wien 2016, S. 75-90
Gissenwehrer, Michael
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Das 20. Theaterjahrhundert in China. In: Cao, Kefei, Heymann, Sabine, und Lepschy, Christopher (Hg.): Zeitgenössisches Theater in China. Berlin 2017, S. 78-99
Gissenwehrer, Michael
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Eine Zelebration der Menschlichkeit. Jürgen Flimms Inszenierung des Woyzeck am Volkskunsttheater Beijing. In: Cao, Kefei, Heymann, Sabine, und Lepschy, Christopher (Hg.): Zeitgenössisches Theater in China. Berlin 2017, S. 320-333
Li, Yinan
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China. In: Englhart, Andreas und Schößler, Franziska (Hg.): Grundthemen der Literaturwissenschaft: Drama, Berlin, Boston: De Gruyter, 2018, pp. 239-251
Gissenwehrer, Michael