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Poliktik und Gesellschaft in der philippinischen Pfingstbewegung am Beispiel der Insel Negros (Oriental)

Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung von 2012 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 212885919
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt hat gezeigt, dass der philippinische Pentekostalismus im Hinblick auf bestimmte Narrative und Schlagworte zwar als klassenheterogenes kulturelles Milieu betrachtet werden kann, dies jedoch kaum Rückschlüsse auf eine einheitliche politische Haltung oder soziale Praxis ermöglicht. Die Betonung einer geistlichen Dimension gegenüber einer Materiellen, das missionarische Selbstverständnis und eine antikommunistische Rhetorik, haben in der Forschung dazu geführt, dass auf eine Dominanz weltflüchtiger und quietistischer Positionen innerhalb der Pfingstler und auf eine intolerante Haltung dieser gegenüber Andersdenkende geschlossen wurde. Eine Kontextualisierung dieser Narrative und Schlagworte bietet allerdings ein differenzierteres Bild: Sie stehen zwar für eine rhetorische Selbstunterscheidung von Kirchen, die von den Informanten als „liberal" oder „politisch" bezeichnet werden. Eine Unterscheidung von der Praxis oder der theologischen Argumentationen dieser letztgenannten Kirchen muss damit allerdings nicht notwendigerweise einhergehen. Die Ergebnisse des Projekts legen nahe, besagte Narrative und Schlagworte als Orte zu verstehen, an denen politische Aktivitäten und Identitäten verhandelt werden und sogar politische Allianzen mit Akteuren rationalisiert werden, die als das diskursive Außen gelten - etwa kommunistische Gruppen oder islamische Separatisten. Das Stichwort „Mission als ganzheitliche Transformation", unter dem Einflusserweiterung ein intrinsischer Wert zugeschrieben wurde, markiert einen einschlägigen Wandel, der sich in einer zunehmenden Politisierung der Pfingstler äußert. Dieser Wandel deutet sich bereits in den 1990er Jahren an und verdankt sich zum einen dem sozialen Aufstieg vieler Pfingstler und deren Kontakten zu einschlägigen politischen Kreisen. Letztere sind das Ergebnis einer gegen die Hegemonie der römisch-katholischen Kirche angestrebten politischen Blockbildung während der Regierung des ersten protestantischen Präsidenten Fidel Ramos, im Zuge derer es zu ambivalenten Schulterschlüssen mit der zuvor größtenteils pfingstlerkritischen evangelikalen Bewegung gekommen ist, sowie zu einer stärkeren Distanzierung gegenüber katholischen Charismatikern. Zum anderen verdankt sich dieser Wandel aber auch der Rezeption von befreiungs- und liberaltheologischen Ansätzen, bei der Pfingstpastoren mit linksaktivistischem Hintergrund eine wichtige Rolle gespielt haben, die in der Präsidenischaftskandidatur des pfingstlichen Bischofs Villanueva ihre höchste Ausstrahlungskraft erreichen. Die angetroffene Komplexität des Forschungsfeldes war vor dem Hintergrund der einschlägigen Fachliteratur nicht vorhersehbar, da politische Aktivitäten auf Grund der genannten ideologischen Frontstellung bisher schlichtweg unsichtbar geblieben sind. In diesem Überraschungsmoment liegt auch der wichtigste Erkenntnisgewinn der Studie, der allerdings nur um den Preis einer zeitaufwändigen historischen und theologischen Kontextualisierung zu erzielen war. Religion erscheint somit als ein integraler, nichtreduzierbarer und zugleich wandlungsfähiger Aspekt der Identitätsbildung philippinischer Pfingstler. Sie kann daher nur als Zusammenspiel diverser Faktoren und mittels einer akkuraten theologischen und historischen Rekonstruktion der sie konstituierenden Aushandlungsprozesse beschrieben werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Geisterfahrer zwischen Transzendenz und Immanenz: Die Erfahrungsbegriffe in den pfingstlich-charismatischen Theologien von Terry L. Gross und Amos Yong im Vergleich. Kirche - Konfession - Religion 61. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2013
    Maltese, Giovanni
  • Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2014
    Haustein, Jörg, und Giovanni Maltese, Hrsg.
  • „Pfingstliche und charismatische Theologie: Eine Einleitung." In Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, hrsg. von Jörg Haustein und Giovanni Maltese, 15-65. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2014
    Haustein, Jörg, und Giovanni Maltese
  • „What is Religion? The Unexplained Subject Matter of Religious Studies." Method and Theory in the Study of Religion 26, Nr. 3 (2014): 246-86
    Bergunder, Michael
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1163/15700682-12341320)
  • ,,The Demise of Pentecostalism in the Philippines: Naming and Claiming the Impossible Object and the Politics of Empowerment in Pentecostal Studies." In Asia and Oceania, hrsg. von Amos Yong, 255-79. Global Renewal Christianity: Spirit-Empowered Movements Past, Present, and Future 1. Lake Mary, FL.: Charisma Media, 2015
    Maltese, Giovanni, und Sarah Eßel
  • „An Activist-Holiness Kenneth Hagin? A Case Study of Prosperity Theology in the Philippines." In Pastures of Plenty: Tracing Religio-Scapes of Prosperity Gospel in Africa and Beyond, hrsg. von Andreas Heuser, 65-80. Studies in the Intercultural History of Christianity 161. Frankfurt am Main: Peter Lang, 2015
    Maltese, Giovanni
 
 

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