Konfokales Ramanspektrometer mit Mikroskop
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Seit Installation des konfokalen Ramanspektrometers am Steinmann-Institut der Universität Bonn wurde das Gerät für eine Reihe von Projekten innerhalb des Instituts, aber auch in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern anderer Institute der Universität Bonn sowie anderer nationaler und internationaler Universitäten eingesetzt. Hinzu kommen Projekte in Zusammenarbeit mit Privatunternehmen und lokalen Mineraliensammlern. Insgesamt wurde die Ramanspektroskopie für 23 Abschlussarbeiten (Ph.D., Dipl., M.Sc., and B.Sc) als primäre oder zusätzliche Analysetechnik genutzt. In diesen Arbeiten wurde die Ramanspektrokopie z.B. eingesetzt, um (1) die Carbonat- und Bicarbonat-Konzentration in wässrigen Lösungen, (2) die Speziierung von Flüssigkeitseinschlüssen in Mineralen, (3) den Grad des Strahlenschadens in Zirkonen, (5) das Verhalten von Phononen in Diamant bei hohen Temperaturen, und (4) unbekannte Festphasen, z.B. Korrosionsprodukte oder Pigmente auf archäologischen Objekten zerstörungsfrei zu bestimmen. Des Weiteren wurden in Zusammenarbeit mit Paläontologen und Biologen der Universität Bonn fossile und rezente Knochen, Pflanzenhaare sowie Foraminiferen untersucht, wobei insbesondere die hyperspektrale Ramanbildgebung verwendet wurde. Als wissenschaftliche Höhepunkte seien der erstmalige Nachweis (1) von nanokristallinem, hydroxyliertem Apatit als Biomineral in Pflanzen, (2) einer Fluorinierung von in Bernstein eingebetteten, miozänen Eidechsenknochen sowie (3) von komplexer Organik in Serpentiniten aus dem Izu-Bonin-Mariana Forearc-Becken, die auf mikrobische Aktivität tief im Erdinnern hindeutet, genannt. Neben diesen Routineanwendungen der Ramanspektroskopie wurden aber auch neue innovative analytische Ansätze verfolgt. Raman-Messungen an isotopisch angereicherten Stoffen haben gezeigt, dass die verschiedenen Isotopologe von CO2 sowie von wässrigen, aber auch festen Oxo-Anionengruppen lokalisierte Schwingungen mit unterscheidbaren Frequenzen ausführen. Dies wird durch zusätzliche Banden im Ramanspektrum widergespiegelt, die z.T. auch in Spektren von Stoffen mit natürlicher Isotopenzusammensetzung detektierbar sind. Die relativen Intensitäten dieser Banden sind proportional zum Anteil der Isotopologen in der Molekülspezies, was eine Quantifizierung der Isotopenzusammensetzung des Moleküls ermöglicht. Dieser Effekt wurde z.B. genutzt, um die Sauerstoffisotopen-Zusammensetzung von Whewellit zu bestimmen, der sich als Verdrängungsprodukt von Calcit in einem Experiment mit einer 18O-angreicherten Oxalat-Lösung gebildet hat. Auch wurden erste vielversprechende Messungen durchgeführt, um zu testen, inwieweit dieser Effekt ermöglicht die Kohlenstoffisotopen-Zusammensetzung von natürlichen CO2-Einschlüssen in Mineralen und die Sauerstoffisotopen-Zusammensetzung von natürlichen Karbonaten ausreichend präzise zu bestimmen, um natürliche Isotopenvariationen aufzulösen. Die Physik des Raman- Effekts (d.h. die Anregung des Effekts durch monochromatisches Licht, das durch transparente Fenster gelenkt werden kann), die hohe räumliche Auflösung und Empfindlichkeit moderner konfokaler Raman- Spektrometer zusammen mit der Möglichkeit, die Sauerstoff- und Wasserstoffisotopen-Zusammensetzung von Feststoffen und wässrigen Oxo-Anionen zu quantifizieren, eröffnete auch neue Wege Festkörper- Füssigkeitsreaktionen mit Hilfe der hyperspektralen Raman-Bildgebung in situ, in Echtzeit und räumlich aufgelöst zu untersuchen. Erste Experimente zur Untersuchung (1) der Korrosion von Borosilikatgläsern bei 70°C, (2) der Verdrängung von Cölestin durch Strontianit bei 21°C sowie (3) der Fluorinierung von Zahndentin bei 21°C wurden im Rahmen von Masterprojekten erfolgreich durchgeführt. Für diese ersten in situ-Untersuchungen wurden spezielle Flüssigkeitszellen entwickelt mit denen die Lösung sowie die Bildung der Reaktionsprodukte mit dem Laserstrahls parallel zur Richtung der Reaktionsfrontebene mit einer lateralen Auflösung in der Größenordnung von 5 bis 10 µm gemessen werden konnte. Die Experimente zeigten eine Reihe interessanter Phänomene (z.B. Autokatalyse, Muster- und Rissbildung), die neue Einblicke in den Mechanismus und die Kinetik von Festkörper-Füssigkeitsreaktionen eröffneten. Neben diesen neuen Anwendungen wurde nach Anschaffung eines Heiztisches (bis 1500°C) das hyperspektrale Ramanbildgebungsverfahren erstmalig auch zur in situ-Untersuchung von Sinterreaktionen in keramischen Grünkörpern bei hohen Temperaturen angewendet. Die ersten Ergebnisse zeigen eindrucksvoll das Wachstum und den Zerfall von keramischen Phasen wie Gehlenit, Wollastonit und Pseudowollastonit im texturellen Zusammenhang und werfen neue Fragen zu unseren Vorstellungen von Festkörperreaktionen auf.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Pattern formation in silicate glass corrosion zones. Int. J. Appl. Glass Sci., 4, 357-370 (2013)
Dohmen L., Lenting C., Fonseca R.O.C., Nagel T., Heuser A., and Geisler T.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1111/ijag.12046) - Forming cohesive Ca oxalate layers on marble surfaces for stone conservation. Cryst. Growth & Design, 14, 3910-3917 (2014)
King H.E., Mattner D.C., Plümper O., Geisler T., and Putnis A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1021/cg500495a) - Incipient silicification of recent conifer wood at a Yellowstone hot spring. Geochim. Cosmochim. Acta, 149, 79-87 (2015)
Hellawell J., Ballhaus C., Gee C.T., Mustoe J.E., Nagel T.J., Wirth R., Rethemeyer J., Tomaschek F., Geisler T., Greef K., and Mansfeldt T.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.gca.2014.10.018) - The mechanism of borosilicate glass corrosion revisited. Geochim. Cosmochim. Acta, 158, 112-129 (2015)
Geisler T., Nagel T., Kilburn M., Janssen A., Icenhower J., Fonseca R.O.C., Grange M., and Nemchin A.A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.gca.2015.02.039)