Datierung der weichselzeitlichen Haupteisrandlagen in Nordostdeutschland mit Hilfe von physikalischen Methoden (OSL und IR-RF)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Fehlende direkte geochronologische Datierungen der weichselzeitlichen Haupteisrandlagen im Nordostdeutschen Tiefland lassen bisher nur Alterseinschätzungen zu. Wie aus internationalen Forschungen bekannt, unterlag der Rand des Inlandeises einer regional unterschiedlichen Dynamik; daher lassen sich Datierungen aus Dänemark, Polen, den baltischen Republiken und auch aus Schleswig-Holstein nur bedingt übertragen. Ziel des Projektes war die Erarbeitung einer Geochronologie für die Haupteisrandlagen in Nordost-Deutschland mit Hilfe von OSL (Optisch Stimulierte Lumineszenz) Datierungen glazifluviatilen Sanden. Mit Hilfe von Lumineszenz-Datierungsmethoden ist es möglich, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem Sedimente im Zuge von Umlagerungsprozessen letztmalig dem Tageslicht ausgesetzt waren. Lumineszenz-Datierungen basieren auf der Eigenschaft von Quarz und Feldspat-Mineralen, messbare Strahlenschäden in ihrem Kristallgitter zu speichern. Ionisierende Strahlung bewirkt, dass an Defekten im Kristallgitter Ladungsträger gefangen und über geologisch relevante Zeiträume gespeichert werden. Durch Energiezufuhr (Licht, Wärme) können Elektronen aus den Fallen befreit werden und rekombinieren unter Aussendung eines messbaren Lumineszenzsignals (Leuchten). Die Stärke dieses Signals spiegelt die im Kristall über die Zeit akkumulierte Energie (Dosis (Gy)) wider. Der Zeitpunkt der letzten Lichtexposition kann somit datiert werden, wenn zusätzlich zur Dosis die die pro Zeiteinheit akkumulierte Energie (Dosisleistung (Gy/ka)) bestimmt wird. Es ergibt sich die allgemeine Altersgleichung Alter (ka) = Dosis (Gy) / Dosisleistung (Gy/ka). Zwischen dem Baruther Urstromtal und Rügen wurden glazifluviatile Sande, die in einem geologischen Zusammenhang zu einer der jeweiligen Haupteisrandlagen gesehen werden oder stratigraphisch gesicherte Positionen in Kliffprofilen an der Ostsee inne haben, beprobt. Insgesamt wurden im Rahmen des Projektes mehr als 70 Proben aus 17 Aufschlüssen bearbeitet. Um bei den Sediment-Altersbestimmungen hohe Genauigkeiten zu erreichen, wurden speziell SAR (Single Aliquot Regeneration) Techniken der OSL-Datierung von Quarz und Kalifeldspat eingesetzt. Im Rahmen des Projektes konnte eine verbesserte Methodik der Datierung glazifluviatiler Ablagerungen mit Lumineszenz-Verfahren und die Modifizierung eines statistischen Auswerteverfahrens für Einzelkorn-OSL-Messungen an glazifluviatilen Sedimenten unter Einbeziehung des sedimentinhärenten Strahlungsfeldes erreicht werden. Eine kritische Neubewertung der Geomorphologie und Geologie der Umgebung der beprobten Profile sowie sedimentologische Untersuchungen konnten erfolgreich zur Validierung der geochronometrischen Ergebnisse herangezogen werden. Die im Rahmen des Projektes erzielten Ergebnisse legen nahe, dass ein weit größerer Teil geomorphologischer Formenkomplexe, die bisher dem Weichsel-Glazial und insbesondere dem Last Glacial Maximum (LGM) zugeschrieben wurden, als ältere Bildungen anzusehen sind. Das präweichselzeitliche Relief hat offensichtlich einen größeren Einfluss auf die heutige Topographie als bisher angenommen. Schmelzwasserrinnen und subglaziale Entwässerungsbahnen folgen häufig älteren Tiefenlinien. Bei Geländeaufragungen dagegen handelt es sich oft um Stauchmoränen oder nur geringfügig glazitektonisch beanspruchte Schmelzwasserablagerungen der Saale-Vereisung. Es konnte nachgewiesen werden, dass saalezeitliche glazifluviatile Sande und Kiese von den weichselzeitlichen Schmelzwässern stellenweise nur oberflächennah über sehr geringe Entfernungen nochmals verlagert wurden, ohne die ursprüngliche Großform des Reliefs zu verändern. Die dominanten Prozesse, die hier zum typischen Landschaftsbild einer Jungmoränenlandschaft führten, sind offensichtlich auf Schmelzwasser- und Toteisbildungen zurückzuführen. Die Datierungsergebnisse der Sedimente aus den beprobten Kliffprofilen stützen die für die Eisrandlagen erarbeitete Chronologie. Zusätzlich konnten bisher nicht erkannte glazitektonische Störungen im Bereich der Kliffprofile aufgezeigt werden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das Projektziel der Erarbeitung einer Geochronologie für die Haupteisrandlagen in Nordost-Deutschland für die Brandenburger und die Pommersche Eisrandlage erreicht werden konnte. Die begrenzte Aussagekraft hinsichtlich der Frankfurter Eisrandlage liegt in erster Linie daran, dass es zunehmend fraglich ist, ob die zu dieser Eisrandlage zusammengefassten Formen überhaupt zeitgleich entstanden sind.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2007): Optically Stimulated Luminescence dating of the Weichselian Ice Advances in North-Eastern Germany. Quaternary International 167-168 Supplement, 218
Krbetschek, M.R., Lüthgens, C., Böse, M.
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(2007): Questionable LGM landforms in northeastern Germany. Quaternary International 167-168 Supplement, 255
Lüthgens, C., Krbetschek, M.R., Böse, M.
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(2008): Is the Young Morainic Morphology really “Young“? Ice Marginal Positions in North-East Germany. Geophysical research Abstracts 10, EGU2008-A-06468
Böse, M. & Lüthgens, C.
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(2008): Optically Stimulated Luminescence Dating of the Weichselian Ice Advances in North-Eastern Germany. Geophysical Research Abstracts 10, EGU2008-A-06477
Lüthgens, C., Böse, M., Krbetschek, M.R.
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(2008): Zur Zeitstellung weichselzeitlicher Eisrandlagen in Nordostdeutschland. Veränderter Lebensraum – Gestern, Heute Und Morgen 62, 189-191
Lüthgens, C., Böse, M., Krbetschek, M.R.
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(2009): Towards a new understanding of the Last Glacial Maximum (LGM) in NE Germany – Results from Optically Stimulated Luminescence (OSL) Dating and their implications. Geophysical Research Abstracts 11, EGU2009-5168
Lüthgens, C., Böse, M., Krbetschek, M.
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(2010): Optically Stimulated Luminescence (OSL) dating of Weichselian sandur sediments from NE Germany – a comparison of results using medium aliquots, small aliquots and single grains of quartz. Geophysical Research Abstracts 12, EGU2010-11999
Lüthgens, C., Krbetschek, M., Böse, M.
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(2010): Optically Stimulated Luminescence Dating of fluvioglacial (sandur) sediments from north-eastern Germany. Quaternary Geochronology 5, 237-243
Lüthgens, C., Krbetschek, M.R., Böse, M., Fuchs, M.C.