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How to Develop a Rural Civilisation: Agricultural Education in Twentieth Century South Africa

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2012 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 165405448
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersucht landwirtschaftliche Bildung und Erziehung – Planungen, Maßnahmen und Reaktionen – in Südafrika in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Im Fokus stehen der afrikaans geprägte, „weiße“ Oranje-Freistaat einerseits und die afrikanischen Gebiete der Transkei und Ciskei andererseits. Während dieses Zeitraumes verzeichnete ein Teil des Agrarsektors enorme Ertragssteigerungen; gleichzeitig stieg die Bedeutung von Industrie und urbanen Lebensformen. Innerhalb dieser „agrarischen Transition“ wurden ländliche Arbeitsformen und die Beziehungen zwischen Stadt und Land neu verhandelt. Das Projekt beleuchtet diese Neuausrichtungen durch die Linse der agrarisch-ländlichen Bildung, die als sozialtechnisches Steuerungsinstrument verstanden wird. Mittels Angeboten wie agrarischem Schulunterricht, Jugendclubs, Landwirtschaftsshows, höheren Agrarschulen oder Beratungsdiensten wurden bestimmten Bevölkerungsgruppen bestimmte wirtschaftliche und kulturelle Rollen innerhalb des nationalen Gefüges zugeschrieben. Die bisher geleisteten Forschungsarbeiten verdeutlichten die Heterogenität und Widersprüchlichkeit dieser Zuschreibungen, was auf die Vielzahl der beteiligten Akteure, insbesondere auf afrikanischer Seite, zurückzuführen ist. Die mit den Bildungsprogrammen verbundenen Zielsetzungen fielen sehr unterschiedlich aus: Von der Schaffung einer Elite professioneller Großfarmer bei gleichzeitigen Anstrengungen um einen besseren Lebensstandard der ruralen „Massen“ (in Bezug auf den Oranje-Freistaat), über – auf afrikanischer Seite – die Stärkung moderner Kleinbauern-Selbstversorger, zur Ausbildung von Agrarberatern und -lehrern bis hin zum gelernten Agrarfacharbeiter. Trotz unterschiedlichster Rahmenbedingungen fallen auch Ähnlichkeiten zwischen schwarzen und weißen Beispielen auf. In beiden Fällen war Agrarbildung eine Antwort auf Landflucht, ökologische Probleme und die wahrgenommene Erosion ländlicher Kultur. Sowohl weiße als auch schwarze Familien standen Ideen einer agrarisch-praktischen Erziehung eher skeptisch gegenüber. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Akzeptanz höherer Ausbildungswege auf weißer Seite stieg und sich ein kulturelles Leitbild des progressiven, kommerziellen Farmers herausbildete. Auf afrikanischer Seite war ein solches Modell schon aufgrund des Mangels an Land und Kapitel nicht tragfähig; hier wurde der gebildete Agrarberater und –lehrer zum dominierenden Ideal. Im Verlauf der Forschung rückte der Aspekt Gender immer deutlicher in den Vordergrund. Zwar kam Frauen gerade in der afrikanischen Nahrungsmittelproduktion eine zentrale Rolle zu, jedoch wurden sie von agrarischen Bildungsprogrammen weitgehend ausgeschlossen. Auf weißer wie auf schwarzer Seite sahen Agrarmodernisierer Frauen im Bereich der Reproduktion, der Sorge um ein „zivilisiertes“ Heim und die Gesundheit der Familie. Die Forschungsarbeiten verdeutlichten zudem das hohe Maß an Internationalität, das die agrarische Wissensvermittlung prägte. Schwarze wie auch weiße Agrarmodernisierer orientierten sich an Vorreitern der agrarischen Verwissenschaftlichung, insbesondere den USA. Dabei scheinen diese Verbindungen im Hinblick auf die Landwirtschaft in der Transkei und Ciskei stärker ausgeprägt und länger relevant gewesen zu sein, während sich die weiße Wissensvermittlung zunehmend „nationalisierte“. Somit leistet das Projekt einen Beitrag zu einer globalgeschichtlich orientierten Wissensgeschichte der Landwirtschaft im Kontext der „agrarischen Transition“. Die verflechtungsgeschichtliche Forschungsperspektive und die Fokussierung auf den Aspekt „Wissen“ als neuen Produktionsfaktor bergen Innovationspotential für die Agrargeschichtsschreibung, die nicht nur in Bezug auf Afrika in den letzten Jahrzehnten eine gewisse Vernachlässigung erfahren hat.

 
 

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