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Kommentare und Autorenschaft in der philosophischen Literatur Indiens: eine Untersuchung am Beispiel der Werke des buddhistischen Gelehrten Sthiramati (6. Jh. n. Chr.)

Fachliche Zuordnung Asienbezogene Wissenschaften
Förderung Förderung von 2012 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 226059547
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Klassifizierung eines Textes als “Kommentar” keineswegs impliziert, dass der Text weniger originell und innovativ ist als ein nicht zu dieser Textgattung gehörendes Werk. Es kann im Gegenteil beobachtet werden, dass Grundtexte oft im gleichen Maße durch die Umstrukturierung und Zusammenfassung bereits bekannter Lehrinhalte charakterisiert sind und nicht nur neue Konzepte einführen. Kommentatoren wie Sthiramati haben die doktrinäre Entwicklung der Tradition genauso beeinflusst wie unabhängige Autoren, indem sie mit den Mitteln der Kommentierung Altes bewahrt und Neues hinzugefügt haben. Die Sthiramati zugeschriebenen Werke greifen auf ihre Quellen in einer unsystematischen Weise zurück und verfahren mit den aus ihnen übernommenen Zitaten in einer keinen festen Regeln folgenden Art. Der Umstand, dass aus älteren Quellen übernommenes Material oft nicht als solches gekennzeichnet wird, lässt sich unter anderem sicher damit erklären, dass es dem Autor in erster Linie darum ging, die in der jeweiligen Tradition als autoritativ geltende Definition zu präsentieren. Die Tatsache, dass es sich dabei um ein Zitat aus einer älteren Quelle handelt, wird für die Anhänger der Tradition möglicherweise selbstverständlich gewesen sein. Gleichzeitig wird der Kennzeichnung der übernommenen Abschnitte als Zitate wohl keine Bedeutung beigemessen worden sein, solange die Aussagen mit den Lehren der Tradition in Übereinstimmung standen. Bezüglich der Kommentierungstechniken ist zu beobachten, dass sich im Ausmaß und in der Detailliertheit der jeweiligen Kommentierung große Unterschiede finden. Manche Sätze werden Wort für Wort und sehr ausführlich erläutert, andere wiederum nur oberflächlich und unvollständig. Während die meisten Teile der Kommentare sich zweifellos den in den altindischen Exegese-Handbüchern aufgelisteten Kategorien zuordnen lassen, ist es ebenfalls deutlich, dass diesen Regeln nicht in einer systematischen Form gefolgt wird. Diese uneinheitliche Vorgehensweise kann möglicherweise damit erklärt werden, dass die Kommentare in einem didaktischen Kontext entstanden sind und der Lehrer sich in seinen Erläuterungen auch an den Fragen der Schüler orientierte. Dass die Kommentare jedoch insgesamt auf während des Unterrichts gemachte Schülernotizen zurückgehen, erscheint im Falle der Sthiramati zugeschriebenen Werke eher unwahrscheinlich. Die meisten von ihnen beinhalten viele philosophisch komplexe und höchst anspruchsvolle Abschnitte, die von einem versierten Gelehrten verfasst und zusammengestellt worden sein müssen. Im Rahmen der Untersuchung der Eigenarten der Kommentare muss der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die ihnen zugrundeliegenden Grundtexte von unterschiedlichen Autoren stammen und die jeweiligen Themen aus verschiedenen Perspektiven und mit verschiedenen Schwerpunkten behandeln. Diese unterschiedlichen Ausgangspunkte führen automatisch zu unterschiedlichen Perspektiven und Ausrichtungen der Kommentare. Wie ich in meinen Publikationen aufzuzeigen versucht habe, lassen sich mit dieser Argumentation jedoch bei Weitem nicht alle Divergenzen in den Sthiramati zugeschriebenen Kommentaren erklären. Somit müssen wir also entweder das Szenario von mehreren Autoren akzeptieren oder aber andere plausible Erklärungen für die Unterschiede finden. Wir wissen noch nicht genug über die genauen Umstände, unter denen indische Kommentare verfasst worden sind, um bei dieser Frage zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen. Abschließend sollte bemerkt werden, dass sämtliche der Sthiramati zugeschriebenen Kommentare, kreatives und für die Erforschung der buddhistischen Ideengeschichte relevantes Gedankengut enthalten und dass sie – ganz gleichgültig wer sie verfasst hat – mehr Beachtung verdienen, als ihnen bislang zuteilwurde.

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