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Regulation selektiver Aufmerksamkeit und Inhibition: Eine Entwicklungsperspektive

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 22688391
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Entwicklung der Fähigkeit, Aufmerksamkeit auf visuelle Reize zu regulieren und zu kontrollieren ist in einer von audiovisuellen Medien geprägten Kultur von zunehmendem Interesse. Das vorliegende Forschungsprojekt untersuchte Verhalten und Gehirnprozesse bei Kindern und Erwachsenen während der Bearbeitung von Aufgaben, die eine Kontrolle der Aufmerksamkeitsressourcen erfordern. Ein klinischer Aspekt des vorliegenden Projektes hatte Unterschiede in der Aufmerksamkeitsregulation zwischen Kindern und Jugendlichen mit und ohne Aufmerksamkeitsstörung zum Gegenstand. Über Studien hinweg zeichnete sich ab, dass die zeitliche Kontrolle der Zuweisung und Inhibition von attentionalen Ressourcen stark mit der allgemeinen Leistungsfähigkeit zusammenhängt. Größere zeitliche Kontrolle der Aufmerksamkeit ging durchweg mit besseren Leistungen, einem höheren Lebensalter, und einer klinisch unauffälligen Entwicklung der Aufmerksamkeit einher. Besonders bei jüngeren Kindern zeigten sich Unterschiede in der Verteilung der Aufmerksamkeit über mehrere Reize, die sich in anderen Maßen nicht niederschlugen. Diese Unterschiede hingen mit anderen spezifischen Merkmalen dieser Kinder zusammen, etwa mit der Rechtschreibleistung. Auf Ebene des Gehirns spiegelte sich die zeitliche Unsicherheit der Aufmerksamkeitsallokation bei jüngeren Kindern und bei Kindern mit Störungen der Aufmerksamkeit in einem früheren Einsetzen und längerem Andauern der Störeffekte durch Ablenkreize wider. Die Kontrolle der Aufmerksamkeit wird durch emotional erregende Reize verringert. Solche Reize sind potente Distraktoren und interferieren für mehrere 100 Millisekunden mit einer eigentlich relevanten Primäraufgabe, auch wenn die Ablenkreize selbst nicht mehr präsent sind. Dieser Effekt ist besonders ausgeprägt für aversive Reize und für jüngere Kinder. Die Ergebnisse des Projektes weisen darauf hin, dass “Aufmerksamkeit” als pädagogisches Konstrukt mit den Mitteln der experimentellen Psychologie betrachtet werden kann und dann spezifische Aussagen für unterschiedliche Funktionen im schulischen und persönlichen Umfeld der Kinder möglich sind. Starke Interferenzeffekte emotional gefärbter Ablenkinformation (Bilder, Wörter) auf primäre Aufgaben wurden beobachtet. Diese Befunde haben Implikationen für die Entwicklung von Lernmedien. Trainingsverfahren zur Förderung spezifischer Aspekte der zeitlichen Aufmerksamkeitskontrolle schließlich sind auf der Basis der hier berichteten Ergebnisse denkbar und werden Gegenstand künftiger Bemühungen unserer Arbeitsgruppe sein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2006). Cross-modal temporal dysfunction in children with dyslexia: Is age a mediating factor? In C. B. Hayes (Ed.), Dyslexia in children: New research (pp. 65-78). New York: Nova Science Publishers
    Heim, S., Keil, A., & Ruf, M.
  • (2006). Developmental disorders of language. In D. Cicchetti & D. J. Cohen (Eds.), Developmental psychopathology: Risk, disorder, and adaptation, Vol. 3 (2nd. edn., pp. 268-316). Hoboken, NJ: Wiley
    Heim, S. & Benasich, A. A.
  • Acquisition of affective dispositions in dementia patients. Neuropsychologia. 2006; 44:2366-2373
    Blessing, A, Keil, A, Linden, D.E.J., Heim, S, Ray, W.J.
  • Der Zusammenhang zwischen zeitlicher Aufmerksamkeitsallokation und Lese-Rechtschreibleistungen im frühen Sekundarschulalter. Zeitschrift für Psychologie. 2006. 214:196-206
    Heim, S, Keil, A, Ihssen, N
  • Early cortical facilitation for emotionally arousing targets during the attentional blink. BMC Biology. 2006; 4:23
    Keil, A., Ihssen, N., Heim, S.
  • Effects of classical conditioning on identification and cortical processing of speech syllables. Experimental Brain Research. 2006; 175:411-424
    Heim, S, Keil, A.
  • Cross-modal attention capture by affective stimuli: Evidence from event-related potentials. Cognitive, Affective, & Behavioral Neuroscience. 2007; 7:18-24
    Keil, A., Bradley, M. M., Junghöfer, M., Russmann, T., Lowenthal, W., & Lang, P. J.
  • Electrophysiological dynamics during the Lag-1 Sparing Phenomenon of the Attentional Blink. Society for Psychophysiological Research. 2007
    Keil A., Heim S.
  • The costs of emotional attention: Affective processing inhibits subsequent lexico-semantic analysis. Journal of Cognitive Neuroscience. 2007; 19:1932-1949
    Ihssen, N., Heim, S., & Keil, A.
  • The neural correlates of feature-based selective attention when viewing spatially and temporally overlapping images. Neuropsychologia. 2007; 45:1393-1399
    Wang, J., Clementz, B., & Keil, A.
  • Die Entwicklung des Attentional-Blink-Profils zwischen Kindheit und Adoleszenz. Tagung experimentell arbeitender Psychologen. 2008. Marburg
    Stumpf N., Heim S., & Keil A.
  • Repetition suppression of induced gamma activity predicts enhanced orienting toward a novel stimulus in 6-month-old infants. 2008; Journal of Cognitive Neuroscience, 20, 2137-2152
    Snyder, K. A., & Keil, A.
  • Temporal dynamics of attentional interference in attention-deficit/hyperactivity disorder. 15.-19.11.2008 – Society for Neuroscience, Washington, DC
    Heim S., Stumpf N. & Keil A.
  • Time course of competition for visual processing resources between emotional pictures and a foreground task. 2008; Cerebral Cortex. 18, 1892-1899
    Müller, M. M., Andersen, S., & Keil, A.
  • Prolonged reduction of electrocortical activity predicts correct performance during rapid serial visual processing. 2009; Psychophysiology, 46, 718-725
    Keil, A., & Heim, S.
  • The Costs and Benefits of Attending to Emotional Stimuli during Rapid Serial Visual Presentation. Cognition and Emotion. 2009; 23, 296-326
    Ihssen, N., & Keil, A.
 
 

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