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Ossian und die Erfindung schottischer Nationalliteratur im 19. Jahrhundert - Scheiternde Anfänge

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung von 2006 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 12590533
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Erfindung schottischer Traditionen, die mit Macphersons Ossian-Epen im 18. Jahrhundert ihren Anfang nahm und, wie in diesem Teilprojekt gezeigt, das kulturelle Zeichenrepertoire für einen Nationalentwurf bereitstellt, gerät im 19. Jahrhundert unter neuen Problemdruck. Zum einen zehrt die europaweite, transnationale Ossian-Euphorie an der Begründungskraft für nationale Anfangskonstruktionen; zum anderen kann deren Stichhaltigkeit auch in Schottland nach der Aufdeckung von Macphersons Autorfiktion kaum mehr durch immer größer angelegte kulturnationalistische Inszenierungen ausgewiesen werden. Denn zunehmend werden inner-schottische Differenzen, besonders die internen Kolonisierungsakte der Lowlands gegenüber der ausgestellten Highlandkultur, immer virulenter, was maßgeblich, wie hier zu zeigen war, zum politischen Scheitern des schottischen Nationalprojekts im 19. Jahrhundert beigetragen hat. In der bisherigen Forschung wurde hierzu bereits mehrfach das Romanwerk von Walter Scott herangezogen. Darüber hinausgehend zielte unsere Arbeit in der zweiten Antragsphase auf eine postokolonial perspektivierte Relektüre Scotts, die das Scheitern weniger in der Rezeption verortete als in der mythisch fundierten Ursprungssemantik, die zur Grundlegung des Identitätsentwurfs aufgeboten wurde und zugleich einen produktiven Umgang mit dem Scheitern zulässt. Was daraus resultiert, wurde als eine spezifische Flexibilisierung schottischer Nationalidentität begriffen und im kontrastiven Vergleich zu anderen postkolonialen Selbstbildungsprozessen untersucht. Auf diese Weise galt das Arbeitsinteresse zunehmend zugleich einer theoretischen Komplexisierung und historischen Spezifizierung von Leitkonzepten, die in den Postcolonial Studies diskutiert werden und mittlerweile, wie im vorliegenden Fall, auch Frageperspektiven für Probleme und Perioden bietet, die bislang eher nicht im Zentrum dieser Diskussionen standen. Dies wurde im Teilprojekt gezielt erprobt, zuletzt auch im Vergleich zu Irland erkundet und vor allem in der Auseinandersetzung mit Robert Louis Stevenson nachgewiesen, dessen Werk die Situation Schottlands zugleich in der entgrenzenden Arena des Britischen Empire verhandelt, wo sich die Differenzlinien erneut verschieben. In den Publikumsmedien fand vor allem der Band "Urworte: Zur Funktion erstbegründender Begriffe" ein starkes Echo und wurde zeitnah durch eine sehr ausführliche Besprechung in der F.A.Z. sowie durch ein Radiogespräch (BR 2) mit dem Teilprojektleiter und Mitherausgeber gewürdigt. Öffentlichkeitswirksam war auch eine Reihe von Lesungen/Diskussionen, u.a. mit dem schottischen Autor John Burnside im Rahmen der Reihe "Anfänge: Montagsreden vom Schreiben", die vom Teilprojektleiter organisiert und moderiert wurden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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