Embodiment und Depression
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt „Embodiment und Depression“ hatte zum Ziel, Wechselwirkungen zwischen motorischen und emotionalen Prozessen bei depressiven Personen zu untersuchen. Es wurden an zwei Tagen mithilfe eines ambulatorischen Systems kontinuierlich die motorische Aktivität von 41 depressiven Personen und 38 niemals depressiven Kontrollprobenden über 12 Stunden erfasst. Beide Gruppen wurden bezüglich wichtiger Gangparameter (Körperhaltung, vertikale und horizontale Dynamik des Gangs, Gehgeschwindigkeit) und globalerer motorischer Muster (prozentuale Anteile des Gehens, Stehens, Liegens und Sitzens) verglichen. Es zeigten sich signifikante Gruppenunterschiede in Bezug auf die Körperhaltung. Depressive Probanden gingen mit einer gebeugteren Körperhaltung. Bei allen anderen Gangparametern und bei den globaleren motorischen Mustern zeigten sich keine bedeutsamen Gruppenunterschiede. In einem weiteren Schritt wurden in einer längsschnittlichen Analyse Zusammenhänge zwischen motorischer Aktivität und Stimmung untersucht. Es zeigen sich kein Vorhersagewert der Gangparameter auf die Stimmung in der nachfolgenden Abfrage. Zum Teil deutliche Zusammenhänge zeigten sich allerdings bezüglich der globaleren motorischen Muster und der nachfolgend gemessenen Stimmung. Wie erwartet ergaben sich vor allem Zusammenhänge zur positiven Stimmung. Je höher der Anteil von Gehen und Stehen vor der Stimmungsabfrage und je geringer der Anteil an Sitzen und Liegen war, desto stärker ausgeprägt ist die positive Stimmung im Anschluss (unter Kontrolle des Ausgangsniveaus der Stimmung). Dieses Muster zeigt sich auch in der Teilstichprobe der Depressiven. Zusammenhänge der globalen motorischen Muster zur negativen Stimmung ergaben sich nicht. Der prozentuale Anteil an Gehen sagte bei den depressiven Probanden den Depressionsverlauf in den 6 Monaten nach der Bewegungsmessung voraus. Probanden, die einen höheren Anteil an Gehen auswiesen, zeigten nach 6 Monaten eine geringere Ausprägung von depressiven Symptomen und waren mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht mehr depressiv. Alle andern der erfassten Parameter hatten keinen Vorhersagewert für den Depressionsverlauf. Insgesamt konnte unsere Annahme, dass es eine enge Wechselwirkung zwischen motorischen und emotionalen Prozessen bei depressiven Personen gibt, in dem durchgeführten Projekt nur teilweise bestätigt werden. In zukünftigen Studien sollte untersucht werden, inwieweit methodische Faktoren das Ergebnismuster beeinflusst haben und in wieweit Interventionen auf der Ebene des Embodiments von Depressionen eine sinnvolle Behandlungsoption für Patienten mit depressiven Störungen sein könnten.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2015). How we walk affects what we remember: Gait modifications through biofeedback change negative affective memory bias. Journal of Behavior Therapy and Experimental Psychiatry, 46, 121-125
Michalak, J., Rohde, K. & Troje, N. F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jbtep.2014.09.004) - The Impact of Upward versus Downward Movement Patterns on Memory Characteristics of Depressed Individuals. Psychopathology 51 (5) 326–334
Michalak, Johannes; Chatinyan, Ani; Chourib, Helena; Teismann, Tobias
(Siehe online unter https://doi.org/10.1159/000492788) - Gait patterns and mood in everyday life: A comparison between depressed patients and non-depressed controls. Cognitive Therapy and Research, Vol. 45. 2021, pp. 1128–1140.
Adolph, D., Tschacher, W., Niemeyer, H. & Michalak, J.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10608-021-10215-7) - Subjective and objective measures of activity in depressed and non-depressed individuals in everyday life. Journal of Experimental Psychopathology, Vol. 13. 2022, Issue 2, pp. 1-8.
Michalak, J., Niemeyer, H., Tschacher, W., Baumann, N., Zhang, X. C. & Adolph, D.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1177/20438087221092582)