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Von heroischen Bürgern, tapferen Rittern und liebenden Hirten:Mittelalterbilder in Frankreich im Vorfeld der Großen Revolution
Antragsteller
Professor Dr. Dietmar Rieger
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 228537556
Das literatur- und kulturhistorisch ausgerichtete Projekt untersucht die im Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts - vor allem in dessen zweiter Hälfte - manifesten Mittelalterbilder im Rahmen erinnerungskultureller Diskurse über die eigene Vergangenheit, unter Heranziehung insbesondere literarischer, aber auch historiographischer und philologischer Textzeugnisse. Ausgangspunkt ist dabei die Beobachtung, dass die Mittelalterrezeption weder ausschließlich vom militanten Zweig der Aufklärer, den 'philosophes', vereinnahmt worden ist, welche die Vorstellungen in diskreditierender Absicht in eine tendenziell negative Richtung lenkten, noch allererst - nach der Französischen Revolution - durch die Romantiker eine deutlich positive Akzentuierung erfahren hat, indem diese das Mittelalter mittels idealisierender Bilder im kollektiven Gedächtnis verankerten: Vielmehr findet bereits im Ancien Régime eine vielgestaltige Auseinandersetzung mit der mittelalterlichen Vergangenheit und damit verbunden eine imaginäre (Re-)Konstruktion des Mittelalters in verschiedenen Disziplinen und auf unterschiedlichen textuellen Ebenen statt. Diese Mittelalterbilder werden als Manifestationen verschiedenartiger, aber dennoch nebeneinander existierender französischer Erinnerungskulturen begriffen, die es unter einer einheitlichen kulturwissenschaftlichen Perspektive und im Kontext der Fragen nach der Entstehung und Entwicklung eines Zeit- und Geschichtsbewusstseins, der Formierung akademischer Einrichtungen und Wissenschaftsbereiche sowie und insbesondere der Konjunktur bestimmter literarischer Moden - differenzierend nach Trägerschichten und Konsumentenbedürfnissen - zu analysieren gilt. Ziel des Vorhabens ist es zum einen, die Pluralität und Diversität, aber auch die Funktionalität mittelalterbezogener Imaginationen im Zeitalter der Aufklärung herauszuarbeiten und auf diese Weise sowohl die bislang meist postulierte bzw. akzeptierte Erinnerungshoheit der 'philosophes' im achtzehnten Jahrhundert als auch das Verdienst der Romantiker bei der postrevolutionären Rehabilitierung des Mittelalters zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts zu relativieren. Zum anderen soll vor diesem allgemeinen geistes- und ideologiegeschichtlichen, literatur- und wissenschaftshistorischen Hintergrund anhand von Einzelanalysen der entsprechenden Werke der verschiedensten Genera der Modellcharakter, d.h. die funktional geleitete Konstruiertheit der jeweiligen Vorstellungen ausgewiesen werden, die sich zwischen den beiden Extremen eines abzulehnenden 'dunklen' Mittelalters und dem als vorbildhaft inszenierten 'bon vieux temps' bewegen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen