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Fragen und Implikation

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 228934092
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt konnte an vielen Stellen zur linguistischen Forschung zu Interrogativen und zur Semantik und Pragmatik allgemein beitragen. Die wichtigsten größeren Ergebnisse sind die folgenden: Fehlende Implikation und fehlende konversationelle Implikaturen: Interrogative stehen in keinem Implikationsverhältnis zueinander. D.h. im Gegensatz zum Deklarativsatz Andrea ist Italiener, der Andrea ist Europäer impliziert, indem er diese Information bereits enthält, impliziert der Interrogativ Ist Andrea Italiener? den Interrogative Ist Andrea Europäer? nicht. Auch umgekehrt ist dies nicht der Fall. Daraus folgt, dass Interrogative generell keine konversationellen Implikaturen lizenzieren, wie im Projekt gezeigt wurde. Implikation zwischen Antworten lizenzieren implikationsabhängige Phänomene: Die Antwort nein auf den Interrogative Ist Andrea Europäer? impliziert jene auf Ist Andrea Italiener?, da sie die Information, dass Andrea kein Italiener ist bereits enthält. Das Projekt konnte zeigen, dass es dieses sekundäre Implikationsverhältnis ist, das Phänomene, die bei Deklarativsätzen von Implikation abhängig sind – wie z.B. die Verteilung von NPIs und Implikaturen – in Interrogativen erklärt. Es sind somit nicht die Interrogative, die diese Phänomene lizenzieren, sondern vielmehr ihre Antworten. Interventionseffekte sind semantischer Natur und stören die Lizenziergung von Polaritätselementen: Das Projekt konnte zeigen, dass die Unakzeptabilität von *Welcher Student lud niemanden wohin ein? semantischer Natur ist. Der quantifikationelle Ausdruck niemand behindert die Lizenzierung von wohin, da er diesem vorangeht. Es wurde eine neue Semantik von w-Fragen, die auf jener für NPIs im Allgemeinen aufbaut, entwickelt. D.h. wohin wird nun zum ersten Mal als Polaritätselement analysiert. Eine erste Theorie zur Grammatik von Redundanz: Es wurde eine Theorie entwickelt, die erklärt, warum #Maria erwartet ein Mädchen, und sie ist schwanger degradiert klingt. Der zweite Teil des Satzes ist redundant aufgrund der Information des ersten Teils. Somit ist der weniger komplexe Satz Maria erwartet ein Mädchen vorzuziehen. Diese neue Theorie macht exakte Vorhersagen darüber, wann eingebettete Implikaturen auftreten können, nämlich dann, wenn ohne diese Redundanz die Folge wäre. Interrogative erlauben eingebettete Implikaturen: Im Projekt konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass Interrogative sogenannte eingebettete Implikaturen erlauben. Es wurde demonstriert, dass eine Alternativenfrage wie Trank Hans Wein oder Bier? die Bedeutung ‘Trank Hans Wein und nicht Bier? Oder trank er Bier und nicht Wein?’ aufweist. Die gegenseitige Exklusivität dieser Fragen entspricht zweier eingebetteter Implikaturen. Diese sind obligatorisch, um Redundanz im obigen Sinne zu vermeiden. Eine erste Theorie zu Präsuppositionen in Interrogativen: Im Projekt wurde zum ersten Mal eine Theorie zu präsuppositionellen Bedingungen in Interrogativen entwickelt. Es wurde gezeigt, dass Interrogative generell präsupponieren, welcher Art ihre Antworten sein können und dass sie im jeweiligen Kontext beantwortbar sein müssen. Diese Tatsache kann die bisher völlige ungeklärte Präsupposition der Alternativenfrage Trank Hans Wein oder Bier?, dass Hans genau eines der Getränke konsumiert hat, erklären.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Downward monotonicity in questions, Sinn und Bedeutung 17, E. Chemla, V. Homer & Grégoire Winterstein (eds.), 345-362. Paris: ENS
    Clemens Steiner-Mayr
  • Implicatures of modified numerals, From Grammar to Meaning: the spontaneous logicality of language, I. Caponigro and C. Cecchetto (eds.), 139-171, Cambridge University Press, Cambridge
    Clemens Steiner-Mayr
  • Intervention e ects and additivity, Journal of Semantics 31, 513–554
    Clemens Steiner-Mayr
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/jos/fft010)
  • Exhaustification and presupposition in Polish disjunctive questions, Proceedings of NELS 45, T. Bui & Özıldız (eds.), 179-192. Amherst, MA: GLSA
    Clemens Steiner-Mayr, Karolina Zuchewicz
  • Plural definite NPs presuppose multiplicity via embedded exhaustification, Semantics and Linguistics Theory 25, S. D’Antonio & M. Wiegand (eds.), 204-224. Ithaca, NY: CLC Publications
    Clemens Steiner-Mayr
  • A puzzle for theories of redundancy: exhaustification, incrementality, and the notion of local context, Semantics and Pragmatics 9
    Clemens Steiner-Mayr, Jacopo Romoli
    (Siehe online unter https://doi.org/10.3765/sp.9.7)
  • Accommodation and the Strongest Meaning Hypothesis. Proceedings of the 20th Amsterdam Colloquium, T. Brochhagen, F. Roelofsen & N. Theiler (eds.), 276-285. Amsterdam: ILLC
    Clemens Steiner-Mayr, Uli Sauerland
 
 

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