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Qualitative individuelle Unterschiede in Metakontrast Maskierung als Zugang zur Erforschung von Mechanismen der bewussten Wahrnehmung

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung von 2012 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 229241421
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Bei der Metakontrast-Maskierung wird die Sichtbarkeit eines visuellen Zielreizes reduziert durch eine nachfolgende Maske, welche die Konturen des Zielreizes eng umschließen. Die Maskierungsfunktion stellt den Effekt der Maskierung als Funktion der Stimulus-Onset-Asynchronie (SOA) zwischen Zielreiz und Maske dar. Diese Funktion wird bestimmt von der Dauer der Stimuli, dem Entscheidungskriterium und der spezifischen Aufgabe der Probanden. Obwohl Metakontrast schon mehr als ein Jahrhundert bekannt ist, sind die beteiligten Mechanismen immer noch nicht geklärt. Mit unseren Experimenten finden wir regelmäßig stabile qualitative individuelle Unterschiede in der Form der Maskierungsfunktionen, die mit Unterschieden in der subjektiven Wahrnehmung und im Antwortverhalten einhergehen. In diesem Projekt entwickelten wir einen faktorenanalytischen Ansatz und fanden durch die Verwendung von Varianten der Standardstimuli und längeren SOAs Hinweise darauf, dass zumindest drei verschiedenen Prozesse an der Metakontrastmaskierung zu unterscheiden sind, nämlich Prozess A (Scheinbewegung) bei mittleren SOAs, Prozess B (Integration) bei kurzen, und Prozess C (Segregation) bei langen SOAs. Wir nehmen an, Probanden nutzen alle Prozesse mit individuell unterschiedlichen Gewichten. Unsere Studien legen nahe, dass das Gewicht von Prozess A durch ein hohes Energieverhältnis und eine kurze Zielreizdauer nur bei kürzeren SOAs erhöht wird. Der Einfluss von Prozess A generalisiert auf unterschiedliche Stimulus-Größen und Exzentrizitäten. Ein initiales Training mit längeren SOAs fördert den Einfluss von Prozess A allerdings nur bei einem Teil der Probanden. Prozess A scheint nicht bei allen Probanden aktivierbar zu sein. Probanden mit einer eher niedrigen kognitiven Motivation („Need-for-Cognition“) gewichten Prozess A tendenziell stärker. Das Gewicht von Prozess B dagegen, wird durch ein geringes Energieverhältnis von Maske zu Zielreiz und eine lange Zielreizdauer erhöht. Prozess B scheint bei kleinen oder peripher präsentierten Reizen keinen Beitrag zu leisten. Ein initiales Training mit kurzen SOAs fördert den Einfluss von Prozess B bei nahezu allen Probanden. Probanden mit einer eher hohen kognitiven Motivation gewichten Prozess B tendenziell höher. Ein Training von bis zu fünf Sitzungen verändert die individuelle relative Gewichtung der Prozesse nicht, sondern verstärkt vor allem den Einfluss des individuell höher gewichteten Prozesses. Verhaltensexperimente ergaben, dass die Größe des Aufmerksamkeitsfokus weder für Prozess A noch für Prozess B relevant zu sein scheint. Elektrophysiologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich die Probanden nicht ihrer passiven neuronalen Reaktion auf die maskierten Reize unterscheiden. Erst wenn die maskierten Stimuli aktiv zu diskriminieren sind, zeigen sich in der kortikalen Reaktion nach 150-200 ms Unterschiede zwischen den Probanden entsprechend ihrer Gewichtung der beiden Prozesse. Wir vermuten, dass diese neuronalen Unterschiede mit individuellen Unterschieden in der Aufmerksamkeitslenkung zusammenhängen könnten. Die Untersuchung der Beziehung zwischen den Prozessen und grundlegenden perzeptuellen Fähigkeiten der zeitlichen Auflösung von visuellen Ereignissen ist noch nicht abgeschlossen. Vorläufige Daten deuten darauf hin, dass die zeitliche Auflösung visueller Ereignisse auf verschiedene Mechanismen aufbaut. Der Befund, dass Prozess A nicht nur mit der Leistung in der Rotationsaufgabe zusammenhängt, sondern auch mit den subjektiven Berichten bei langen SOAs, passt zu unserer Vermutung, dass bei langen SOAs ein dritter Prozess C wirksam ist, der die Segregation von Zielreiz und Maske bewirkt. Die Prozesse scheinen auch in einem Zusammenhang mit den subjektiven Perzepten der Probanden zu stehen. Eine systematische Untersuchung des spontan berichteten subjektiven Erlebnisses der Stimulation ergab sieben über Probanden hinweg konsistente Perzepte: (1) Zielreiz und Maske werden zeitlich integriert als ein Ereignis wahrgenommen, (2) Zielreiz und Maske werden zeitlich segregiert als zwei aufeinander folgende Ereignisse wahrgenommen, (3) der Zielreiz wird als dunkles Objekt beschrieben, (4) der Zielreiz wird als phänomenal abwesend beschrieben, (5) Der Zielreiz wird als heller als der Hintergrund beschrieben, (6) eine ausbreitende Scheinbewegung, (7) eine Rotation in Durchgängen, in denen Zielreiz und Maske inkongruente Formen aufwiesen. Die Häufigkeit der jeweiligen Perzept-Nennung variierte in der Mehrzahl der Perzepte mit SOA und Kongruenz. Zwar berichteten nur wenige Probanden alle sieben Perzepte spontan, aber die genannten Perzepte waren innerhalb der Probanden stabil. Diese Perzepte wurden auch von einer neuen Stichprobe mit derselben Abhängigkeit von SOA und Kongruenz bestätigt. In einer weiteren Stichprobe zeigte es sich, dass die Perzepte Zielreiz in Maske und Ausbreitung überzufällig häufig gemeinsam auftreten, was auf einen gemeinsamen Prozess schließen lässt. Die Perzepte Zielreiz vor Maske und Rotation traten dagegen stochastisch unabhängig voneinander auf, was auf zwei unterschiedliche Prozesse schließen lässt. Eine anschließende EEG-Studie ergab, dass die subjektive Wahrnehmung einer Rotation mit einer eine weit verteilten Positivierung über zentralen Bereichen zwischen 250 und 550 ms nach Onset des Zielreizes einhergeht. Bei identischer Stimulation geht die subjektive Wahrnehmung des Zielreizes vor der Maske dagegen mit einer langsamen Negativierung einher, die zwischen 520 und 800 ms nach Onset des Zielreizes über fronto-zentralen Bereichen beginnt und sich dann in posteriore Bereiche verlagert. Diese Befunde demonstrieren, dass unser Ansatz geeignet ist, subjektive Erlebnisse mit elektrophysiologischen Methoden zu untersuchen. Die Brücke zwischen den so identifizierbaren neuralen Signaturen des subjektiven Erlebens und den aus den Verhaltensexperimenten erschlossenen Prozessen, die der Metakontrastmaskierung zugrunde liegen, wird in einem aktuellen Projekt aufgebaut.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2012). Size does (not) matter! On the impact of extreme stimulus size on target visibility in metacontrast masking. Poster presented at the 16. Annual meeting of the Association for the Scientific Study of Consciousness, Brighton, UK
    Albrecht, T. & Mattler, U.
  • (2013). Einfluss der Präsentationsdauern von Zielreiz und Maske auf das Auftreten interindividueller Unterschiede bei der Metakontastmaskierung. 46. Herbsttreffen Experimentelle Kognitionspsychologie (HExKoP), Göttingen, Deutschland
    Berndt, M., Mattler, U. & Albrecht, T.
  • (2013). Individual differences in metacontrast masking are reflected by activation of distinct fronto-parietal networks. Perception, 42, supplement, 62
    Albrecht, T., Krüger, D. & Mattler, U.
  • (2014). Influence of target’s and mask’s presentation durations on the occurrence of inter‐individual differences in metacontrast masking. 56. Conference of Experimental Psychologists (TeaP), Gießen, Deutschland
    Berndt, M., Mattler, U. & Albrecht, T.
  • (2014). Need for cognition relates to lowlevel visual performance in a metacontrast masking paradigm. Journal of Research in Personality, 48, 45-50
    Fleischhauer, M., Miller, R., Enge, S. & Albrecht, T.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jrp.2013.09.007)
  • (2014). What can factor analysis tell us about individual differences in metacontrast masking? 56th TeaP, Gießen, Germany
    Albrecht, T., Berndt, M., Mattler, U.
  • (2015). Individual differences in metacontrast masking – Influence of stimulus size and eccentricity. 57. Conference of Experimental Psychologists (TeaP), Hildesheim, Deutschland
    Berndt, M., Mattler, U. & Albrecht, T.
  • (2016). Individually Different Weighting of Multiple Processes Underlies Effects of Metacontrast Masking. Consciousness and Cognition, 42, 162–180
    Albrecht, T. & Mattler, U.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.concog.2016.03.006)
  • (2016). Inter-Individual Differences as Instrument to Investigate the Mechanisms in Metacontrast Masking (Doctoral dissertation, Niedersächsische Staats-und Universitätsbibliothek Göttingen)
    Berndt, M.
  • (2016). Introspection reloaded: Dimensions of subjective experience of masked visual stimuli. 58th Conference of Experimental Psychologists (TeaP), Heidelberg, Germany
    Koster, N., Mattler, U. & Albrecht, T.
  • (2016). The Role of Attention in Processing of Visual Stimuli in Metacontrast Masking. 58. Conference of Experimental Psychologists (TeaP), Heidelberg, Deutschland
    Berndt, M., Mattler, U. & Albrecht, T.
  • (2017). Visual perception is rich: phenomenological evidence from a metacontrast masking paradigm. ASSC 21, Beijing, China
    Koster, N., Mattler, U. & Albrecht, T.
  • (2019). Phenomenological considerations of metacontrast masking (Doctoral dissertation, Georg-August-Universität Göttingen)
    Koster, N. M.
  • (2020). Visual experience forms a multidimensional pattern that is not reducible to a single measure: Evidence from metacontrast masking. Journal of Vision, 20(3):2, 1–27
    Koster, N., Mattler, U., & Albrecht, T.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1167/jovi.20.3.2)
 
 

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