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Militarisierte Landschaften - Erinnerungslandschaften: Praktiken ortsbezogenen Erinnerns am Beispiel des Kalten Krieges

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 232340778
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Materielle Überreste der Militarisierung im Westen der Bundesrepublik erfahren aktuell eine Umdeutung als Relikte des Kalten Krieges. An diesem Prozess sind Akteure aus unterschiedlichen Feldern vom staatlichen Denkmalschutz über Museen, private Hobby-Historiker und Internetforen bis hin zu Freizeitaktivitäten wie dem Geocaching beteiligt. Ihre Aktivitäten werden im Kontext dieses Projektes zusammenfassend als im Entstehen begriffene Erinnerungslandschaft des Kalten Krieges gedeutet. Das Projekt befasst sich nun mit der Frage, auf welche Art und Weise bestimmte Orte und Dinge für den Zweck des Erinnerns verfügbar gemacht werden. Dafür wird die Geographische Erinnerungsforschung um einen praxistheoretischen Ansatz erweitert, der die Tätigkeit des Erinnerns als soziale Praxis deutet, ohne dabei die Bedeutung der Materialität des Erinnerns verleugnet. Erinnerungslandschaften umfassen auf der einen Seite konkrete Vergangenheits- Raum-Bilder, wie sie z.B. in Hinblick auf die Geschichte des Kalten Krieges ihren Ausdruck in der Vorstellung von dem Eisernen Vorhang oder vom sogenannten Fulda Gap finden. Auf der anderen Seite stellen Erinnerungslandschaften ein soziales Phänomen dar, das aus der Verwobenheit von Praktiken ortsbezogenen Erinnerns mit ihren materiellen Arrangements besteht.: Nur innerhalb dieser Praktiken – in unserem Fall Denkmalschutz, Museum, Geo-Caching und Hobby-Historie – wird eine abstrakte, sozial konstituierte Erinnerungslandschaft an bestimmten Orten verankert. Die eingehende Analyse von Praktiken ortsbezogenen Erinnerns an den Kalten Krieg hat einerseits gezeigt, dass ortsbezogene Erinnerung nicht nur innerhalb etablierter Formen wie dem staatlichen Denkmalschutz und öffentlichen Museen stattfindet, sondern darüber hinaus auch in auf den ersten Blick vollkommen anders strukturierten Praktiken wie der Freizeitaktivität des Geocachings gelebt werden. Andererseits können sehr unterschiedliche Praktiken über ihre geteilte Aufmerksamkeit für einen gemeinsamen Gegenstand – dem Kalten Krieg – und durch ein ähnliches Verständnis davon, wie Erinnerung stattfindet, unbewusst zu einer gemeinsamen Erinnerungslandschaft beitragen. Aufgrund dieser Einsicht verfolgte das Projekt das Ziel, die Akteure der verschiedenen Felder, die bislang nur wenig Wissen und Verständnis für die jeweils anderen Erinnerungspraktiken haben, mit denen gemeinsam sie die Erinnerungslandschaft des Kalten Krieges produzieren, im Sinne einer Public Geography miteinander in Beziehung zu setzen und damit die Annahme eines nur von Spezialisten getragenen kulturellen Gedächtnisses im Unterschied zu einem egalitären kommunikativen Gedächtnis zu hinterfragen. Dies geschah in Fokusgruppen und einem großen Open-Space Workshop, zu denen bewusst Vertreter von sehr unterschiedlichen Praktiken und mit sehr unterschiedlichen Motivationen dazu eingeladen wurden, ihre Perspektiven gegenseitig nachzuvollziehen und das Gemeinsame bzw. Trennende ihrer Erinnerungspraxis herauszuarbeiten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2012): Archaeology of Cold War Early Warning Sites. The Case of Wasserkuppe, Germany. In: Brent Fortenberry und Laura McAtackney (Hg.): Modern Materials: The Proceedings of CHAT, Oxford: 2009. Oxford: Archaeopress (Studies in Contemporary and Historical Archaeology, 8). S. 85-94
    Maus, G.
  • (2012): Landmark, Symbol and Monument: Public Perceptions of a Cold War Early Warning Site in Germany. In: Nicholas J Saunders (ed.): Beyond the Dead Horizon. Studies in 20th- Century Conflict Archaeology. Oxford: Oxbow
    Maus, G.
  • (2015): Erinnerungslandschaften: Praktiken ortsbezogenen Erinnerns am Beispiel des Kalten Krieges. (Kieler Geographische Schriften, 127). Kiel: Geographisches Institut. (Dissertationsschrift)
    Maus, Gunnar
  • (2015): Geographische Erinnerungsforschung: Ein praktikentheoretischer Ansatz am Beispiel von Erinnerungslandschaften des Kalten Krieges. In: Jan-Erik Steinkrüger und Winfried Schenk (Hg.): Zwischen Geschichte und Geographie, zwischen Raum und Zeit. Beiträge der Tagung vom 11. und 12. April 2014 an der Universität Bonn. Berlin: LIT (Historische Geographie, 1), S. 65- 74
    Maus, G.
  • (2015): Landscapes of memory: a practice theory approach to geographies of memory. In: Geographica Helvetica, 70, 215-223
    Maus, Gunnar
    (Siehe online unter https://doi.org/10.5194/gh-70-215-2015)
  • (2016) Relikte des Kalten Krieges in Schleswig-Holstein als Elemente von Kulturlandschaft und Erinnerungskultur. In: TOP. Berichte der Gesellschaft für Volkskunde in Schleswig-Holstein e.V. (50), S. 8-25
    Maus, Gunnar
 
 

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