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Der Einfluss von Top-down-Vorbereitung auf die bewusste visuelle Wahrnehmung von Objekten

Antragsteller Dr. Timo Stein
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2012 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 232680815
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Eine grundsätzliche Diskussion innerhalb der kognitiven Psychologie betrifft die Frage, ob Aufmerksamkeit für bewusste visuelle Wahrnehmung notwendig ist. In vorliegendem Forschungsprojekt wurde bestimmt, wie die Erwartung bestimmte Reize oder Reizmerkmale zu sehen (sog. Top-down-Vorbereitung) die bewusste Wahrnehmung bestimmt und ob die Notwendigkeit von Aufmerksamkeitsressourcen für Bewusstsein von solchen Erwartungen abhängt. Dazu wurde zunächst untersucht, wie Vorabinformation über eine spezifische Objektkategorie die visuelle Detektion von anschließend dargebotenen Objekten beeinflusst. Solche Vorabinformationen führten dazu, dass Objekte, die mittels „Continuous flash suppression“ perzeptuell unterdrückt wurden, schneller sichtbar wurden. In einer Reihe von Experimenten wurde dieser Einfluss von Erwartungen auf die bewusste visuelle Wahrnehmung mittels weiterer experimenteller Paradigmen und für andere Reizkategorien, von einfachen orientierten Gittermustern bis zu Fotos von natürlichen Szenen, bestätigt. Die Ergebnisse zeigen, dass Top-down-Vorbereitung auf spezifische Objektmerkmale und Reizinhalte die visuelle Wahrnehmung dynamisch auf erwartete Objekte ausrichten kann und damit das Bewusstsein moduliert. Menschen scheinen also das zu sehen, was sie erwarten zu sehen. Darüber hinaus wurde mittels Dual-Task-Paradigmen festgestellt, dass solche inhaltsspezifischen Erwartungen ihren Effekt auf die bewusste Wahrnehmung unabhängig von räumlicher Aufmerksamkeit ausüben. Allerdings begünstigt räumliche Aufmerksamkeit auch die bewusste Wahrnehmung erwarteter Objekte. Dies deutet drauf hin, dass räumliche Aufmerksamkeit für bewusste Wahrnehmung notwendig ist und widerspricht damit Theorien, welche die Möglichkeit bewussten Wahrnehmens ohne Aufmerksamkeit postulieren. Schließlich wurde mittels Magnetoenzephalographie nachgewiesen, dass sich neuronale Repräsentationen von visuellen Reizen dynamisch der Erwartung des Beobachters anpassen: Ein und dasselbe verrauschte Bild wird, entsprechend einer aufgabeninduzierten Erwartung, im Gehirn entweder wie ein Bild eines Gesichts oder wie ein Bild eines Hauses verarbeitet. Diese Studien demonstrieren einen von räumlicher Aufmerksamkeit unabhängigen Top-down-Mechanismus der inhaltsspezifischen Erwartung und zeigen, dass solche Erwartungen einen starken Einfluss auf die bewusste visuelle Wahrnehmung und neuronale Reizverarbeitung ausüben.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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