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Individuelle und universelle Kontinuitäten im westgotischen und nachgotischen Spanien

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2013 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 232843786
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Zusammenfassend lassen sich die wesentlichen Ergebnisse wie folgt darstellen. Das Erbrecht und die Umsetzung letztwilliger Verfügungen stehen weltgehend in westgotischer Tradition, wobei eine stärkere Anlehnung an westgotische, eher noch römische Gebräuche wegen des Vorhandenseins entsprechender institutioneller Einrichtungen in Katalonien, dies wiederum bedingt durch die stärkere Verstädterung, zu beobachten ist. Die Möglichkeit, auf ein institutionalisiertes Verfahren der Testamentsvollstreckung zurückzugreifen, offenbart Unterschiede In der Sozial- und Herrschaftsstruktur zwischen Katalonien im Osten und Asturien-León Im Westen. Die Familie spielt im Westen eine stärkere Rolle, während im Osten Richter und Priester die Kontrolle über die Vollstreckung übernehmen konnten, die zudem von vereidigten, aber nicht ausschließlich der engsten Familie angehörenden Testamentsvollstreckern ausgeführt wurde. Im Westen waren es die nächsten Verwandten, also die gesetzlichen Erben, welche den letzten Willen eines Verstorbenen vollstreckten. Dies folgt ebenfalls westgotischen und auch römischen Mustern, denn im römischen Testamentsrecht war es der Haupterbe, der die Legate ausgeben musste. Der Unterschied besteht somit in der Einsetzung des oder der Haupterben, die sich in west- und nachgotischer Zeit testamentarischer Regelungen entzog und bei Vorhandensein legitimer Nachfahren gesetzlich geregelt war. Dieses Gefälle ist auch innerhalb der östlichen Gebiete zu beobachten. Die westlichen Grafschaften (Pallars, Ribagorça) sind bereits dem Westen der Halbinsel angenähert. Im Westen übernahmen die Erben die Aufgabe, Legate nach dem letzten Willen des Verstorbenen an die Kirche zu verteilen. Das Fehlen eines dafür vorgesehenen Verfahrens, wie den condiciones sacramentorum in Katalonien, veränderte auch die Urkundenpraxis. Schenkungen dominieren das Bild. Außerdem musste die öffentliche Kontrolle durch eine hohe Zahl von Zeugen bei den jeweiligen Urkundenerrichtungen hergestellt werden, während diese Funktion in Katalonien der öffentlichen Beglaubigung des Testaments vor einem Richter zukam. Dem Schriftstück wurde eine eigene Beweiskraft zuerkannt, was für den Westen nicht sicher vorausgesetzt werden kann. Hinsichtlich der erkennbaren Mentalitätsunterschiede, vor allem im Bereich der Frömmigkeitskultur und der Jenseitsvorstellungen, gewinnt man den Eindruck, dass in Katalonien in stärkerem Maße als im Westen ein kaufmännischer Umgang mit dem Seelenheil gepflegt wurde. Im Westen sind religiöse Bekenntnisse, die den rechten Glauben unter Beweis stellen sollen und wohl auch der größeren Zuhörerschaft bei der Verlesung der Urkunde geschuldet sind, weiter verbreitet, sollte aber nicht als tiefere Gläubigkeit der dortigen Bevölkerung überinterpretiert werden.

 
 

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