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Studien zu den Anfängen der Musiksoziologie. Russisch-sowjetische Quellen, 1900-1930.
Antragstellerin
Professorin Dr. Natalia Nowack
Fachliche Zuordnung
Musikwissenschaften
Soziologische Theorie
Soziologische Theorie
Förderung
Förderung von 2012 bis 2016
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 233427227
Die Geburt einer eigenständigen Disziplin Musiksoziologie datiert man mit dem Anfang des 20. Jahr-hunderts und Ansätzen aus Deutschland und Frankreich (P. Bekker, M. Weber, J. Combarieu). Diese Zeit ist bislang nicht vollständig aufgearbeitet worden. Nicht erschlossen sind sowohl einige französi-sche Quellen (C. Bellaigue) als auch die ideologisch-politisch unterdrückten Schriften russischer Pro-venienz.Russische Musikwissenschaft hat für die Zeit zwischen 1900 und 1930 vielfältige musiksoziologisch relevante Ansätze vorzuweisen, wie z.B. den systematischen Zugang zur Musikgeschichte, die Re-zeptions- und Kommunikationstheorie(-n), die frühen Sozialisationskonzepte, das Verständnis vom musikalischen Schaffen als Produktionsprozess oder die Diskussion über die Urteilsbildung. Des Weiteren waren empirische Untersuchungen, die sowohl Feldforschung als auch Experimente umfassten, von Anfang an Bestandteil russischer musiksoziologischer Aktivitäten. Es handelt sich hierbei um die frühesten empirischen musiksoziologischen Untersuchungen weltweit. Der Abbau der allgemeinen Soziologie im Rahmen von Stalins Kulturpolitik entzog den sog. Binde-strich-Soziologen ihre Arbeitsgrundlage. Mehrere Forschungsprojekte der Zeit sind unterbrochen wor-den, einige konnten nur dadurch fortgesetzt werden, dass die Wissenschaftler ihre Überschriften än-derten. Die Rezeption des frühen musiksoziologischen Denkens wurde abgebrochen. Die facettenrei-chen theoretischen Studien und das einmalige empirische Material blieben der europäischen Öffent-lichkeit vorenthalten.Die Analyse der kulturellen Landschaft Anfang des 20. Jahrhunderts weist auf ein außergewöhnlich innovatives Potential hin. Dieses Potential lässt sich auch innerhalb der russisch-sowjetischen Musik-wissenschaft verfolgen. Durch neuere Untersuchungen ist es deutlich geworden, dass das zaristische Russland und die frühe Sowjetunion wissenschaftlich und kulturell sehr eng miteinander verbunden waren. Die Rekonstruktion des musikhistorischen Geschehens bestätigt das Vorhandensein russisch-sowjetischer Tradition. Es ist jetzt an der Zeit, die bislang unbeachteten Quellen im Lichte der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte Russlands und der frühen Sowjetunion zu analysieren und zu interpre-tieren und zugleich einen Beitrag zur Geschichte der Musiksoziologie zu leisten. Das bisherige Bild von der Frühgeschichte der Musiksoziologie könnte in wesentlichen Punkten korrigiert werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen