Elektronen-induzierte Funktionalisierung von Kohlenwasserstoff-Schichten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Funktionalisierte organische Schichten sind von großer Bedeutung, da sie Anknüpfungspunkte für komplexere molekulare Architekturen bilden. Ebenso verändert die Funktionalisierung kontrolliert die Oberflächeneigenschaften von Materialien. Ansätze, die es ermöglichen, einfache Ausgangsmaterialien wie z.B. Polymere aus Kohlenwasserstoffen oder selbstassemblierende Molekülschichten (SAMs) mit funktionellen Gruppen zu versehen, sind daher von großem Interesse. Technisch etablierte Plasma-Verfahren zur Oberflächenmodifizierung führen allerdings auch zu Veränderung oder Abtrag der ursprünglichen Schicht. Dies ist besonders problematisch, wenn wohldefinierte ultradünne Schichten wie beispielsweise selbstassemblierende Molekülschichten (SAMs) funktionalisiert werden sollen. Ziel dieses Projekts war es daher, neue Ansätze zur kontrollierten Funktionalisierung einfacher organischer Ausgangsmaterialien unter Verwendung elektronen-induzierter Reaktionen zu finden. Es ist bekannt, dass dissoziative Elektronenanlagerung (DEA), die typischerweise bei geringen Elektronenenergien (≈ 0-15 eV) auftritt, spezifische Bindungsbrüche auslöst. Im Rahmen dieses Projekts sollten diese Prozesse und die dabei gebildeten reaktiven Fragmente ausgenutzt werden, um Reaktionen zu initiieren, die zu einer Funktionalisierung einfacher Kohlenwasserstoffe führen. Um geeignete Reaktionen zu identifizieren, wurden Modellexperimente durchgeführt, bei denen Mischungen kleiner Moleküle als dünne Schicht auf einen Probenträger aufkondensiert und mit Elektronen bestrahlt wurden. Die Produkte der Reaktion wurden anschließend durch thermische Desorptions-Spektrometrie (TDS) nachgewiesen. Die Versuche zeigten zum einen, dass die besonders interessanten, da zu besonders spezifischen Bindungsbrüchen führenden DEA-Prozesse bei Energien unterhalb von 3-4 eV mit der verwendeten einfachen Elektronenkanone nicht zugänglich sind. Prozesse bei höheren Energien sind dagegen entweder weniger effizient oder neigen zu einer statistischen Produktverteilung. Im Gegensatz dazu zeigte dieses Projekt, dass vorhersagbare und kontrollierbare Anknüpfungsreaktionen möglich sind durch Verwendung von Elektronenenergien knapp oberhalb der Ionisationsschwelle. Bei diesen Energien tritt nur wenig Fragmentierung auf, allerdings kommt es nach Ionisation eines der Edukte zu einer attraktiven Wechselwirkung zwischen der positiven Ladung des entstehenden Kations und elektronenreichen Stellen des zweiten Reaktionspartners, die Additionsreaktionen auslöst. So wurde in kondensierten Mischungen aus Ethylen (C2H4) und Ammoniak (NH3) die Bildung des Additionsprodukts Ethylamin (C2H5NH2) nachgewiesen. Experimente, in denen ein Alkanthiol-SAM mit endständigen Doppelbindungen unter einer Schicht von aufkondensiertem NH3 bestrahlt wurde, zeigten, dass dieses Verfahren auch zur Herstellung einer mit guter Ausbeute funktionalisierten Oberfläche führt, wobei der SAM bei hinreichender NH3-Schichtdicke sogar vor Strahlenschäden geschützt ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Electron-induced reactions in condensed films of acetonitrile and ethane. Phys.Chem.Chem.Phys. 8, 182 (2007)
I.Ipolyi, W.Michaelis, P.Swiderek
- Thermal desorption spectrometry for the identification of products formed by electroninduced reactions. Int.J.Mass Spectrom. 277, 215 (2008)
E.Burean, I.Ipolyi, T.Hamann, P.Swiderek
- Hydroaminierung eines Alkens, induziert durch niederenergetische Elektronen. Angew.Chem. 121, 4715 (2009)
T.Hamann, E.Böhler, P.Swiderek
- Low-energy electron-induced hydroamination of an alkene. Angew.Chem.Int.Ed. 48, 4643 (2009)
T.Hamann, E.Böhler, P.Swiderek
- Dissociative electron attachment to gas-phase formamide. Phys.Chem.Chem.Phys. 13, 12305 (2011)
T. Hamann, A. Edtbauer, F. Ferreira da Silva, S. Denifl, P. Scheier, P. Swiderek