Klassiker im Kontext: Spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Klassikerverdeutschungen in medialen Übertragungsprozessen (bis 1600)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
An einem ausgewählten Korpus von Klassiker-Verdeutschungen (in der ersten Projektphase: Aesop, Boethius, Cicero, Terenz; in der zweiten Projektphase: Vergil, Ovid), die noch nicht systematisch und v.a. noch niemals für eine so lange und entscheidende Phase der Druckgeschichte (ca. 1460/70 - ca. 1620) unter dieser Fragestellung analysiert worden waren, wurden komplexe mediale Transferprozesse und damit zusammenhängenden kulturräumliche Kontextualisierungen untersucht, die eine Verortung im vernakularen Umfeld ermöglichen. Das Projekt verfolgte dabei eine doppelte Zielsetzung, indem es (1.) untersuchte, wie und warum die äußere Textgestalt der komplexen literarischen und philosophischen Werke bei der Übertragung von Latein in Deutsch sowie von der Handschrift in den Druck verändert wird, um von da (2.) zu klären, welche Auswirkungen die beobachteten materiellen Differenzen für die Formierung und funktionale Ausgestaltung neuer laienkultureller Kommunikationsräume haben. Um diese überaus vielschichtige und langfristige Entwicklung mit ihren kognitiven Implikationen adäquat in den Blick zu bekommen, bot sich eine Analyse deutscher Klassikerübersetzungen an, da bei Einbürgerung und Aneignung der als autoritativ geltenden Werke mit einem ganz besonderen Vermittlungsaufwand und spezifischen Verfahren der Herstellung kultureller Kontakte zu rechnen ist, der und die auf der Ebene der Textpräsentation methodisch kontrolliert beobachtbar sind. Anders als man annehmen könnte, sind es in diesem Fall gerade auch die stark konventionalisierten Präsentationsmuster der Klassikerüberlieferung vor dem Buchdruck, durch welche die Frage nach den Folgen des Medienwandels für die Präsentation und kommunikative Vermittlung dieser Texte eine ganz eigene Prägnanz gewinnt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Kontinuitäten eines ‚Klassikers‘. Zur spätmittelalterlichen deutschen Rezeption der Consolatio Philosophiae des Boethius. In: M. Eikelmann/ U. Friedrich (Hrsg.): Praktiken europäischer Traditionsbildung im Mittelalter. Wissen – Literatur – Mythos. Berlin 2013, S. 117–139
Bernd Bastert
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Wissen und Literatur im Kontext der europäischen Tradition. In: M. Eikelmann/ U. Friedrich (Hrsg.): Praktiken europäischer Traditionsbildung im Mittelalter. Wissen – Literatur – Mythos. Berlin 2013, S. 11–27
Manfred Eikelmann
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Paratexte in der Klassiker-Rezeption. Zum experimentellen Textstatus der spätmittelalterlichen deutschen Übersetzungen der Consolatio Philosophiae des Boethius. In: M. Bernsen/ E. Eggert/ A. Schrott (Hrsg.): Historische Sprachwissenschaft als philologische Kulturwissenschaft. Bonn 2015, S. 545–565
Manfred Eikelmann/ Arne Schumacher
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Wissenschaft und Fastnachtspiel. Die Komödien des Terenz zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit. In: E. Huwiler/ E. Meyer/ A. Quak (Hrsg.): Wat nyeus verfraeyt dat herte ende verlicht den sin. Studien zum Schauspiel des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Leiden/ Boston 2015, S. 172–195
Bernd Bastert
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Du vindest auch an ainem yeden blat text und gloß. Text und Paratext in Terenz-Ausgaben des 15. und 16. Jahrhunderts. In: P. Ajour/ U. Kundert/ C. Rohde (Hrsg.): Rahmungen. Präsentationsformen und Kanoneffekte. Berlin 2017 (Beiheft zur Zeitschrift für deutsche Philologie 16), S. 77–106
Esther Laufer
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des aller sinnreichsten Poeten Metamorphosis. Sprachliche und mediale Adaptationsstrategien in den deutschen Antikenübersetzungen der Frühen Neuzeit. In: Frühmittelalterliche Studien 53 (2019), S. 369–382 u. Tafel XXV– XXVII
Manfred Eikelmann
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Konrad Humerys Tröstung der Weisheit. Antikenrezeption zwischen christlichem Trostanspruch und volkssprachigem Wissenstransfer. Berlin 2019
Arne Schumacher
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Verenderung der Gestalten. Das Buchkonzept von Jörg Wickrams Ausgabe der Metamorphosen Ovids (1545) im Spiegel der Götterdarstellung. In: Frühmittelalterliche Studien 53 (2019), S. 383–401 u. Tafel XXVII–XXX
Daniel Pachurka/ Arne Schumacher
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Boethius in Köln. Konrad Humerys Consolatio-Übersetzung als ethisch-programmatischer Beitrag zum politischen Sammlungskonzept in einer Handschrift des Ratsherrn Jakob Schirl. In: N. Eichenberger/ E. C. Lutz/ C. Putzo, (Hgg.): Bücher und Identitäten. Liter
Arne Schumacher
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Klassiker im Kontext. Spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Antikenübersetzungen in buchmedialen Übertragungsprozessen (1460/70 bis 1620). 2 Bde. Erscheint: Tübingen 2020/2021. ISBN 978-3-7720-8692-2 (Bd.1) ; ISBN 978-3-7720-8693-9 (Bd. 2)
Bernd Bastert/ Manfred Eikelmann (Hrsg.)
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Selbstsorge und Ich-Erzählung. Adaptationen antiker Heilkunst in Boëthius‘ Consolatio Philosophiae und Konrad Humerys Tröstung der Weisheit. In: T. Bulang/ R. Toepfer (Hgg.): Heil und Heilung: Die Kultur der Selbstsorge in Kunst und Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Heidelberg 2020, S. 41–62
Manfred Eikelmann
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textus/text im religiösen Diskurs. Beobachtungen zur semantischen Vielfalt der Wortverwendung. In: S. Bernhardt/ B. Gebert (Hrsg.): Vielfalt des Religiösen. Mittelalterliche Literatur im postsäkularen Kontext. Berlin/Boston, 2021, S. 87-112
Manfred Eikelmann