Sprach Loyalität oder Ethnizität? Eine vergleichende Studie zu isiZulu und Afrikaans-Sprechern im südafrikanischen Universitätswesen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Basierend auf einem multi-methodischen, interdisziplinären Ansatz, der eine komparative Analyse der sprachpolitischen Entwicklung an der Stellenbosch Universität und an der Universität KwaZulu-Natal in Südafrika umfasste, konnte in dieser Studie herausgearbeitet werden auf welche Weise komplexe, metalinguistische Diskurse über Sprache (Afrikaans, Zulu und English), Kultur und Ethnizität an beiden Institutionen vorherrschen. Basierend auf der ethnografischen Arbeit in Durban und Stellenbosch, konnte ich in mehreren Publikationen veranschaulichen, inwieweit und auf welche Weise die Ethnizitätsbildung unter Zulu und Afrikaans SprecherInnen sprachpolitische Ideologien und Entwicklungen im südafrikanischen Universitätswesen beeinflussen. Wie auch auf anderen soziokulturellen und politischen Ebenen in Südafrika zeichnet sich in der Sprach- und Ethnizitätsforschung ein Generationskonflikt ab. So stehen sich zum Beispiel ein Zulu Sprachpurismus, der auch teilweise den Anspruch erhebt eng mit Ethnizität verknüpft zu sein, mit neuen Strategien des „translanguaging“ gegenüber, in denen die Englische Sprache eine zentrale Rolle einnimmt. Ersteres wird überwiegend von Personen in der älteren Zulu Generation vertreten, der letztere Ansatz wird vor Allem von einer eher jüngeren Generation multiethnischer, südafrikanischer WissenschaftlerInnen propagiert. Die Analysen der teilweise sehr umfangreichen narrativen Interviews mit Akteuren an den beiden Universitäten lieferten auch widersprüchliche Daten und sollen in einem methodologischen Aufsatz noch kritisch hinterfragt werden. Grundsätzlich ergibt sich folgende Erkenntnis: Während die ideologischen Grundlagen der Sprachplanungsdiskurse an beiden Universitäten zumindest teilweise sehr ähnlich sind, treten die jeweiligen Makro-Entwicklungen der institutionellen Sprachpolitik an der SU im Vergleich zur UKZN eher gegensätzlich hervor. So wurde in Stellenbosch vor dem Hintergrund der Transformations-Strategien die Sprache Afrikaans als primäres Unterrichtsmedium verdrängt, womit nun auch eine unmittelbare Assoziation zwischen SU, Afrikaans und Afrikanerdom zumindest zu gewissem Grad vermindert ist. Afrikaans wird aber dennoch im öffentlichen Diskurs unausweichlich mit den Ideologien des Apartheidstaates verknüpft und kann somit an einer staatlichen Universität keinen Vorrang mehr haben. An der Universität KwaZulu-Natal haben "Afrikanisierung"-Diskurse und die Förderung der Sprache Zulu (aber ansonsten keiner anderen afrikanischen Sprache) die Kritik ausgelöst, dass UKZN zu einer ethnifizierten (zulu-fizierten) Institution geworden ist (obwohl Englisch weiterhin als primäre Unterrichtssprache gilt). Tatsächlich wird die Förderung des Zulu mit einer restriktiven Rhetorik der Afrikanisierung und im Zusammenhang einer „truly African“ Universität propagiert. Die Tatsache, dass nur Zulu und keine andere afrikanische Sprache in Südafrika auf Universitätsebene als Pflichtfach unterrichtet wird, kann auch als symptomatisch dafür gesehen werden, dass diese ethnolinguistische Gruppe politisch sehr starken Einfluss hat(te). Auf praktischer und pädagogischer Ebene weist die UKZN auch weitere Probleme auf. Sprachmanagementprozesse an südafrikanischen Universitäten sind sehr eng mit den aktuellen Transformations-Strategien verknüpft und spiegeln das gesellschaftspolitische Klima wider, das nach wie vor stark an die Wiedergutmachung der Apartheid gekoppelt ist. Eine Ähnlichkeit, die sich durchaus an beiden Forschungsstandorten bemerkbar machte ist die Tatsache, dass sowohl Afrikaans als auch Zulu von vielen Interessensgruppen als ethnische Sprachen angesehen werden und somit in ihrem Wert an Universitäten umstritten sind. Der Status des Englischen als akademische Lingua Franca Südafrikas hat sich dahingegen noch weiter verfestigt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
(2018) Englishes and cosmopolitanisms in South Africa. Human Affairs 28 (4) 417–428
Stephanie Rudwick
-
(2014). Ethnolinguistic dynamics in two young democracies: A comparison of language stigmas. In H. Horakova & S. Rudwick (eds), Global Challenges and Local Reactions: Czech Republic and South Africa, 143-160. Lit Verlag
Rudwick, S.
-
(2014). IsiZulu-English Bilingualisation at the University of KwaZulu-Natal: An Exploration of Students’ attitudes. In L. Hibbert & C. van der Walt (Eds.). Multilingual Universities in South Africa (pp. 107-122). Bristol: Multilingual Matters
Parmegiani, A. & S. Rudwick
-
(2015). To be or not to be ‘African’: Discursive race politics in South Africa. In M. Dedaic (ed.). Singing Speaking, and Writing Politics. South African Political Discourse, 67-86. Amsterdam: John Benjamins
Rudwick, S.
-
(2016). Afrikaans and institutional identity: A South African university in the crossfire. In H. Horakova & K. Werkman (Eds). Knowledge production in and on Africa, pp. 127-150. Berlin: LIT Verlag
Rudwick S.
-
(2017). Compulsory African language learning at a South African Tertiary Institution. Language Problems and Language Planning 41(2), 116-137
Rudwick, S.
-
(2017). The struggle to promote an African language at a South African university: A language management perspective. In L. Fairbrother, J. Nekvapil & M. Sloboda (eds) The Language Management Approach: Focus on Research Methodology, pp. 157-182. Frankfurt am Main: Peter Lang
Rudwick, S.
-
(2018) Language, Africanisation and Identity Politics in South African tertiary education. Language, Identity and Education 17(4)
Rudwick, S.
-
(2018). Why Rhodes had to fall and King George V still stands. In R. Pattman & R. Carolissen (eds). Transforming transformation in teaching and research in South African universities. Johannesburg: SUN Media
Rudwick, S.