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Meta-Rationalitäten. Literarische Vernunfkritik im deutschsprachigen Roman seit 2000

Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2013 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 237181892
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt konnte nachweisen, dass zentrale Texte der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur seit der Jahrtausendwende – unter anderem von Thomas Glavinic, Durs Grünbein, Daniel Kehlmann, Thomas Lehr, Sibylle Lewitscharoff, Terézia Mora und vielen weiteren Autorinnen und Autoren – als Versuche einer literarischen Vernunftkritik zu betrachten sind: Auf vielfältige Art greifen sie den vernunftkritischen Diskurs der Philosophie des 20. Jahrhunderts auf und wollen ihn mit eigenen, spezifisch ästhetischen Mitteln fortführen. Anders als im philosophischen Diskurs werden dabei instrumentelle Vernunft und formale Logik nicht mittels jener Vernunft kritisiert, der die Kritik gilt: Literarische Vernunftkritik erfolgt – so ihr eigener Anspruch – vielmehr in Formen, die innerhalb der realweltlichen Kommunikation als unlogisch gelten, innerhalb der ästhetischen Rationalität des literarischen Kunstwerks aber einen eigenen Begründungszusammenhang finden. Dies betrifft etwa unzuverlässige, unnatürliche, fantastische und metaleptische Erzählweisen, die als Formen einer „ästhetischen Rationalität“ (Seel) genutzt werden, um formale Logik und instrumentelle Rationalität als selbstbezüglich und reduktiv zu kritisieren. Das Projekt konnte darüber hinaus deutlich machen, dass die Verbindungen zum philosophischen Vernunft-Diskurs nicht allein in der Motivstruktur und Erzählweise der Texte bestehen, sondern auch in Form intertextueller Verweise und Anspielungen. In vielen Fällen werden dabei zugleich die Grenzen einer spezifisch literarischen Vernunftkritik sichtbar, die letztlich auf analogen Paradoxien beruht wie die philosophischen Vernunftkritik: Je unmittelbarer literarische Texte auf philosophische Positionen verweisen oder diese integrieren, umso mehr verlieren sie jene Unabhängigkeit von der zu kritisierenden Vernünftigkeit, die sie als Basis ihres Vorhabens in Anspruch nehmen. Das spricht nicht gegen die Annahme einer Vernunftkritik in literarischen Texten, wohl aber gegen die angenommenen Möglichkeiten einer spezifisch literarischen Vernunftkritik. Dennoch gibt es Beispiele literarischer Vernunftkritik der Gegenwart, die philosophische Diskurse bedienen, ohne die Freiheiten fiktionalen Erzählens einzuschränken: indem ihre ästhetische Kritik der Grenzen von Vernunft selbstevident ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Schwimmen in Formen und Zeiten. Zur sozialkritischen Dimension von Terézia Moras komplexem Erzählen. Erscheint in: Gegenwartsliteratur. A German Studies Yearbook. Ed. Paul Michael Lützeler, Erin McGlothlin, and Jennifer Kapczynksi. Vol 13, Oct. 2015
    Leonhard Herrmann
  • Literarische Vernunftkritik. Formen und Funktionen eines Konzepts literarischer Eigenwertigkeit. Erscheint in: Andrea Bartl, Martha Famula: Vom Eigenwert der Literatur: Reflexionen zu Funktion und Relevanz literarischer Texte. Würzburg: Königshausen & Neumann 2017 (Konnex : Studien im Schnittbereich von Literatur, Kultur und Natur ; 21). - 978-3-8260-6052-6
    Leonhard Herrmann
 
 

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