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BN-Analoge des 1,2-Didehydrobenzols: 1,2-Azaborine als reaktive Zwischenstufen

Fachliche Zuordnung Organische Molekülchemie - Synthese, Charakterisierung
Anorganische Molekülchemie - Synthese, Charakterisierung
Förderung Förderung von 2013 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 237455100
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In dem Forschungsprojekt wurden erstmals 1,2-Azaborine (oder 1,2-Azaborinine nach IUPAC-Nomenklatur) hergestellt. Diese Verbindungen sind mit dem 1,2-Didehydrobenzol (ortho- Benzin) isoelektronisch und isoster. Die polare Natur der BN-Einheit, die einem sehr gespannten cyclischen Iminoboran entspricht, sorgt für sehr hohe Elektrophilie des Boratoms in dieser neuen Klasse reaktiver Zwischenstufen. Nach computerchemischen Rechnungen ist die Lewis-Acidität des Boratoms um ca. 12 Größenordnungen höher als die eines vergleichbaren siebengliedrigen cyclischen Iminoborans und von Bortrichlorid. Das 1,2-Azaborin kann unter den Bedingungen der Matrixisolation bei 4-5 K durch Blitzvakuumthermolyse aus der Vorstufe 1-(tert-Butyldimethylsilyl)-2-chlor-1,2-dihydro-1,2-azaborin in relativ geringer Ausbeute erhalten werden. Als Konsequenz seiner hohen Elektrophilie zeigt sich eine sehr hohe Reaktivität des 1,2-Azaborins unter Matrixisolationsbedingungen. So bindet es beispielsweise molekularen Stickstoff, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und auch das Edelgas Xenon ohne Aktivierungsbarriere. Mit organischen π-Systemen kommt es zur Ausbildung von relativ stark gebundenen Lewis-Säure-Base-Komplexen, deren Weiterreaktion im Sinne einer Cycloaddition oder CH-Insertion relativ hohe Aktivierungsbarrieren aufweisen, die Reaktionen bei sehr tiefen Temperaturen unmöglich machen. Diese ausgeprägte Neigung zur Bildung relativ stabiler Komplexe unterscheidet das 1,2-Azaborin vom verwandten siebengliedrigen cyclischen Iminoboran (1-H-1,3,2-diazaborepine), das daher selbst bei niedriger Temperatur (30 K) mit Ethen eine (2 + 2)-Cycloaddition eingeht. Durch Photolyse des 9-Azido- 9-borafluorens und des 9-Azido-2,4,6,8-tetra-tert-butyl-9-borafluorens unter Matrixisolationsbedingungen konnte der Einfluss sterischer Effekte auf die Lewis-Acidität des Dibenzo[c,e][1,2]azaborins untersucht werden. In Lösung lässt sich das Dibenzo[c,e][1,2]azaborin durch Thermoylse oder Photolyse des 9- Azido-9-borafluorens als transiente reaktive Zwischenstufe herstellen. In Abwesenheit von Abfangreagenzien unterliegt es in Abhängigkeit der Erzeugungsmethode der Cyclooligomerisierung zum Tetramer in geringer Ausbeute bei der Thermolyse, während bei der Photolyse das cyclische Trimer in sehr hoher Ausbeute erhalten wird. Die Umsetzung des Dibenzo[c,e][1,2]azaborins mit Abfangreagenzien in Lösung wird aufgrund seiner ausgeprägten Neigung zur Cyclooligomerisierung, die ohne Aktivierungsbarriere abläuft, erschwert. Mit Verbindungen, die polare Si-E (E = F, Cl, OSiR3, H) besitzen kommt es in Lösung zum Einschub in die Si-E-Bindung. Selbst die sehr starke Si-F-Bindung kann durch das Dibenzo[c,e][1,2]azaborin aktiviert und anschließend gebrochen werden, was die hohe Reaktivität der neuartigen reaktiven Zwischenstufe eindrücklich darstellt. Allerdings verlaufen die Reaktionen wegen der konkurrierenden Cyclooligomerisierung in geringen Ausbeuten. Das mit sterisch anspruchsvollen Gruppen versehene 2,4,7,9-Tetra-tert-butyldibenzo[c,e][1,2]azaborin reagiert mit 2,3-Dimethyl-2-buten weder durch (2 +2)-Cycloaddition noch durch Hetero-Alder-En-Reaktion.

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