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Kritik als Praxis und Erfahrung. Deweys Pragmatismus und die postanalytische Rehabilitierung der Objektivität.

Antragsteller Dr. Jörg Volbers
Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 238607746
 
Das Projekt greift in systematischer Perspektive auf den Pragmatismus John Deweys zurück, um mit ihm eine zentrale Debatte der postanalytischen Sprachphilosophie (Brandom, McDowell) weiter zu führen. Ausgangspunkt ist das Problem der Kritik: Wie lässt sich die ständige Möglichkeit kritischer Reflexion vereinen mit ihrem Anspruch auf Objektivität? Die gegenwärtige Sprachphilosophie verteidigt dezidiert eine realistische Position, für die charakteristisch ist, dass unsere Überzeugungen von der Welt selbst korrigiert werden. Trotz aller objektiven Bindung soll das Denken dabei die Souveränität bewahren, sich im Namen kritischer Rationalität von gegebenen Urteilen und Eindrücken zu distanzieren. Das Projekt argumentiert, dass diese postanalytische Verteidigung der Objektivität zu kurz greift, da sie einen unzulänglichen Begriff der Erfahrung ansetzt. Indem sie Objektivität und rationale Kritik auf der Ebene des sprachlichen Urteils situiert, verliert sie jene Erfahrungen aus dem Blick, die unverständlich sind und gerade deshalb zur begrifflichen Bestimmung und Artikulation drängen. Deweys Philosophie bietet eine reichhaltigere Konzeption der Erfahrung: Sie stellt in den Vordergrund, wie Erfahrungen das Urteilen und die innovative Begriffsbildung vorantreiben und auch irritieren können. Das Projekt erkundet die Möglichkeit und Tragweite einer solchen an Dewey orientierten Revision des Erfahrungsbegriffs, die sowohl das kritische Potenzial der Reflexion als auch ihre objektive Bindung an die Welt verteidigt.Konkret widmet sich das Projekt zwei Problemfeldern, in denen die Spannung zwischen Kritik und Objektivität am deutlichsten hervortritt: Körper und sinnliche Wahrnehmung. Beide weisen einen direkten Bezug zur objektiven materiellen Welt auf, der sich potenziell einer begrifflichen Bestimmung - und damit der kritischen Rationalität - entzieht. Die postanalytischen Autoren diskutieren daher, ob körperliche Vollzüge und sinnliche Wahrnehmung prinzipiell begrifflich strukturiert sein müssen, um der kritischen Rationalität zugänglich zu bleiben. Deweys Ansatz bietet hier eine systematisch relevante Alternative: Anstatt sich für oder gegen die "Begrifflichkeit" gehaltvoller Erfahrung auszusprechen, rückt er die raumzeitlich gebundenen Praktiken in den Blick, an deren Ende erst das Urteil über den Gehalt einer Erfahrung steht. Begriffliche und nicht-begriffliche Momente der Erfahrung bleiben im Vollzug solcher prüfenden Praktiken stets aufeinander verwiesen und bestimmen sich wechselseitig. Das Projekt verfolgt, welche Konzeptionen des Körpers und der sinnlichen Wahrnehmung die beiden untersuchten Ansätze vertreten, und wie sie sich mit der doppelten systematischen Forderung nach einer Verbindung von Kritik und Objektivität vereinen lassen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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