Fremdbilder - Selbstbilder: Kulturtransfer als ästhetischer und politisch-religiöser Diskurs in höfischen Bildkonzepten des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit im Alten Reich
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt ermöglichte durch die breit angelegte Untersuchung von Bild- und Schriftquellen die systematische Darstellung künstlerisch-ästhetischer Transferprozesse und innovativer Bildkonzepte im Netzwerk der europäischen Fürstenhöfe um 1500. Die Höfe des Alten Reichs konnten als kulturelle Zentren von entsprechenden Austauschprozessen bestimmt und anhand eines entwickelten Ebenenmodells die Dominanz personengebundener Transfers und der direkte Kontakt der handelnden Personen als entscheidende Auslösefaktoren für die Zeit um 1500 identifiziert werden. Mediale Vermittlungsinstanzen als Auslösefaktoren kamen erst später hinzu. Durch die innovativen Fragestellungen des Forschungsvorhabens gelang es, das zunehmende Bewusstsein über die verschiedenen künstlerisch-medialen Ausdrucksmöglichkeiten und einen entsprechenden medienspezifischen Einsatz der Bildwerke auf Seiten der Auftraggeber und Künstler nachzuweisen und die funktionalen sowie produktiv-technischen Bedingungen genauso wie die politisch-kulturellen und religiös-konfessionellen Zusammenhänge der höfischen Bildproduktion differenziert herauszuarbeiten. Daraus resultierte zunächst die Beobachtung einer Vervielfachung und Differenzierung sowie gattungsüberschreitenden Bezugnahme der nun auch untereinander konkurrierenden höfischen Repräsentationsmedien. Entsprechend gestaltete sich der Rezeptionsvorgang von fremden Bildkonzepten als differenzierte Bezugnahme, Aneignung und Adaption in Bezug auf den bestehenden kulturellen Kontext bzw. die spezifische Funktion der Bildkonzepte. Das Ziel der Untersuchungen lag in der Rekonstruktion ganzer oder fragmentarischer Austauschprozesse; vollständige Rezeptionsketten konnten jedoch nur im Einzelfall ermittelt werden. Im Rahmen des Forschungsprojektes kam der Untersuchung von Amt, Funktion und Status der für die Höfe tätigen Künstler im Alten Reich um 1500 eine gesteigerte Aufmerksamkeit zu. Hier gelang es erstmals, verschiedene Hofkünstlermodelle und deren Charakteristika näher zu bestimmen. Durch die übergreifende Fragestellung nach den kulturellen Transferprozessen konnten im Forschungsprojekt auch das Selbst- und das Fremdbild sowie die Bedeutung des Künstlers am Hof und für die fürstliche Repräsentation im Alten Reich erstmals systematisch und in vergleichender Perspektive geklärt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Fremdbilder – Selbstbilder: Kulturtransfer in höfischen Bildkonzepten des Alten Reichs. Natur & Geist. Das Forschungsmagazin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Jg. 23. 2007, Nr. 2, S. 19-24.
Matthias Müller, Ruth Hansmann
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Ordenslehre und Fürstenmemoria. Bildform und Bildkonzept des dominikanischen Altarretabels von Mittenwalde bei Berlin, in: Die Kunst des Mittelalters in der Mark Brandenburg. Tradition –
Transformation - Innovation, hrsg. von E. Badstübner / P. Knüvener / A. S. Labuda / D. Schumann, Berlin 2008, S. 348 - 362.
Matthias Müller
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Stil als Bedeutung in der nordalpinen Renaissance. Wiederentdeckung einer methodischen Nachbarschaft, Regensburg 2008, 400 S., ISBN 978-3-7954-2038-3.
Matthias Müller, Stephan Hoppe, Norbert Nußbaum
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Von der allegorischen Historia zur Historisierung eines germanischen Mythos'. Die Bedeutung eines italienischen Bildkonzepts für Cranachs Schlafende Quellnymphe, in: S. Hoppe/
M. Müller/N. Nußbaum (Hrsg.), Stil als Bedeutung in der nordalpinen Renaissance. Wiederentdeckung einer methodischen Nachbarschaft. Regensburg 2008, S. 160 - 187.
Müller, Matthias
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Die Heilige Sippe als dynastisches Rollenspiel. Familiäre Repräsentation in Bildkonzepten des späten Mittelalters, in: Karl-Heinz Spieß (Hrsg.), Die Familie in der Gesellschaft des Mittelalters (Vorträge und Forschungen, Bd. 71, hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte), 2009,
Ostfildern, S. 17 - 49.
Müller, Matthias
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Die Individualität des Fürsten als Illusion der Malerei. Zum Verhältnis von Individualität, Typus und Schema in Regentenporträts der beginnenden Frühen Neuzeit, in: O. Auge/R.-G. Werlich/G. Zeilinger (Hrsg.), Fürsten an der Zeitenwende - zwischen Gruppenbildung und Individualität. Formen fürstlicher Selbstdarstellung und ihre Rezeption (Residenzenforschung, Bd.
22), Ostfildern 2009, S. 103 - 127.
Matthias Müller
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Apelles am Fürstenhof. Facetten der Hofkunst um 1500 im Alten Reich, Ausstellungskatalog der Kunstsammlungen Veste Coburg,
Berlin 2010, ISBN 978-3-86732-092-4.
Matthias Müller, Ruth Hansmann, Klaus Weschenfelder, Beate Böckem
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Im Wettstreit mit Apelles. Hofkünstler als Akteure im Austausch- und Konkurrenzverhältnis europäischer Höfe zu Beginn der Frühen Neuzeit, in: W. Paravicini/J. Wettlaufer (Hrsg.), Vorbild,
Austausch, Konkurrenz. Höfe und Residenzen in der gegenseitigen Wahrnehmung (Residenzenforschung, Bd. 23), Ostfildern 2010, S. 173-191.
Matthias Müller
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Cranachs chronotopische Landschaften. Raum-Zeit-Strukturen in den mythologischen Bildern Lucas Cranachs d. Ä., in: Chr. Kiening
/A. Prica/ B.Wirz (Hrsg.): Wiederkehr und Verheissung. Dynamiken der Medialität in der Zeitlichkeit (Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen, Bd 16), Zürich 2011, S. 191-218.
Matthias Müller
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Kulturtransfer am Fürstenhof. Höfische Austauschprozesse und ihre Medien im Zeitalter Kaiser Maximilians I. Schriften zur Residenzkultur, Bd. 9, Berlin 2013, ISBN 978-3-86732-155-6.
Matthias Müller, Udo Friedrich, Karl-Heinz Spieß