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Untersuchung zur Interaktion des Retinoschisin-Proteins mit der Na/K-ATPase: Ein Beitrag zur Aufklärung der molekularen Pathogenese der X-gebundenen juvenilen Retinoschisis

Antragstellerin Dr. Ulrike Friedrich
Fachliche Zuordnung Humangenetik
Förderung Förderung von 2013 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 241648798
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die X-gebundene juvenile Retinoschisis (XLRS, OMIM #312700) ist eine degenerative Erkrankung der Netzhaut, die durch rezessiv wirkende Mutationen im X-chromosomal gelegenen RS1-Gen verursacht wird. Das RS1-Gen wird spezifisch in Netzhaut und Zirbeldrüse von Säugetieren exprimiert und kodiert für ein sezerniertes Protein aus 224 Aminosäuren, das Retinoschisin. Die molekulare Funktion von Retinoschisin ist bislang weitgehend unbekannt. In vorherigen Studien konnten wir zeigen, dass Retinoschisin über die retinale Na/K-ATPase (aus den Untereinheiten ATP1A3 und ATP1B2) an retinale Membranen bindet und die Lokalisation der Na/K-ATPase sowie Na/K-ATPase assoziierte Signalwege beeinflusst. Im beantragten Projekt wurden drei Fragestellungen verfolgt. Zum einen sollte die Wechselwirkung von Retinoschisin und den Na/K-ATPase bindenden Herzglykosiden bei der Regulation der retinalen Na/K-ATPase-Aktivität und der retinalen Integrität untersucht werden. Hier konnten wir zeigen, dass die Herzglykoside Ouabain und Digoxin die Bindung von Retinoschisin an die retinale Na/K-ATPase und folglich auch dessen Fähigkeit zur Regulation der Na/K-ATPase-Lokalisation hemmen. Im Gegenzug hatte Retinoschisin keinen Einfluss auf die Herzglykosid- Bindung an die retinale Na/K-ATPase und auch nicht auf deren Kapazität zur Inhibition des Na/K-ATPase katalysierten Ionentransports. Schließlich zeigten Retinoschisin und Herzglykoside antagonistische Effekte auf die retinale Integrität: Während Herzyglykoside die Apoptose in retinalen Explantaten förderten, wies Retinoschisin einen anti-apoptotischen Effekt auf, der jedoch bei gleichzeitiger Zugabe von Herzyglykosiden reduziert wurde. Im zweiten Teilprojekt sollten die molekularen Strukturen der Interaktionsdomänen zwischen Retinoschisin und der retinalen Na/K-ATPase identifiziert werden. Durch eine Kombination aus bioinformatischen Berechnungen und funktioneller Charakterisierung von generierten Mutanten gelang es zu zeigen, dass eine spezifische extrazelluläre Domäne in der ATP1B2- Untereinheit der retinalen Na/K-ATPase, sowie ein aus der Discoidin-Domäne des Retinoschisins herausragender Spike für die Interaktion beider Proteine verantwortlich sind. In Rahmen dieser Analysen wurden auch Einblicke in den Pathomechanismus der bekannten sezernierten Retinoschisin-Mutanten erhalten: Diese binden entweder nicht mehr oder unspezifisch an alle Membranen und haben ihre Fähigkeit zur Beeinflussung von Na/K- ATPase-Lokalisation, intrazellulärem Signaling und apoptotischen Prozessen verloren. Schließlich sollten Interaktionspartner des Retinoschisin-Na/K-ATPase Komplexes identifiziert werden, welche zum einen als mögliche Signaltransmitter dienen könnten, und zum anderen als Gerüstprotein die Verankerung der retinalen Na/K-ATPase in sogenannten Signal- Mikrodomänen beeinflussen könnten. Bekannte Interaktionspartner nicht-retinaler Na/K- ATPase-Komplexe, wie die Tyrosinkinase Src, der Na/Ca2+-Austauscher, oder die Phosphoinositid-3-Kinase wurden weder in Co-Immunpräzipitationsstudien, noch in Co- Lokalisation-Analysen verifiziert. Über massenspektrometrische Analysen nach Co- Immunpräzipitationsexperimenten gelang jedoch die Identifizierung neuer Interaktionspartner, wie die spannungsabhängigen Kaliumkanälen Kv2.1 und Kv8.2, oder Annexin. Folgeuntersuchungen sollen nun den Effekt der Retinoschisin-Defizienz auf Lokalisation, Menge und Funktionalität dieser neu detektierten Interaktionspartner adressieren. Dies soll eine Rolle des Retinoschisin-Na/K-ATPase Komplexes als mögliche „Docking-Station“ ermitteln, welche die Kompartimentierung ihrer Proteinbindungspartner in den inneren Segmenten organisiert und somit entscheidend für die vollständige Ausdifferenzierung und Funktionalität der Photorezeptoren verantwortlich sein könnte. Dies soll weitere Einblicke in die initialen Schritte im Pathomechanismus der XLRS ergeben, und somit Erkenntnis-basierte Ansätze für neuartige therapeutische Optionen eröffnen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Pathomechanism of mutated and secreted retinoschisin in X-linked juvenile retinoschisis. Exp. Eye Res. 2018; 177:23-34
    Plössl K, Schmid V, Straub K, Schmid C, Ammon M, Merkl R, Weber BHF, Friedrich U
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.exer.2018.07.021)
  • (2019) Identification of the Retinoschisin-binding site on the retinal Na/K-ATPase. PLOS ONE. 2019; 14(5):e0216320
    Plössl K, Straub K, Schmid V, Strunz F, Wild J, Merkl R, Weber BH, Friedrich U
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1371/journal.pone.0216320)
  • Retinoschisin and cardiac glycoside crosstalk at the retinal Na/K-ATPase, IOVS. 2020; 61(5):1
    Schmid V, Plössl K, Schmid C, Bernklau S, Weber BH, Friedrich U
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1167/iovs.61.5.1)
 
 

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