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Neuronale Verarbeitung sensorischer Ambiguität bei Normalprobanden und Patienten mit Asperger-Autismus
Fachliche Zuordnung
Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendspychiatrie
Förderung
Förderung von 2013 bis 2018
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 242187261
Die Wahrnehmung eines mehrdeutigen Bildes ist instabil und wechselt zwischen verschiede-nen Interpretationen. Winzige Detailänderungen können ein mehrdeutiges Bild disambiguie-ren und dessen Wahrnehmung stabilisieren. Unlängst fanden wir zwei markante ereigniskor-relierte Potentiale (EKPs), eine fronto-zentrale P200 und eine parieto-zentrale P400 mit fol-genden Eigenschaften: (a) die EKP-Amplituden steigen monoton mit abnehmender Mehrdeu-tigkeit des Stimulus und (b) ihre Latenz und räumliche Verteilung sind über verschiedene visuelle Dimensionen hinweg (Geometrie, Semantik und Bewegung) sehr ähnlich. Wir interpretieren diese Effekte im Zusammenhang mit folgendem Modell: Unser Wahrneh-mungssystem gleicht die unvollständige und mehrdeutige sensorische Information mit dem Wahrnehmungsgedächtnis ab, um ein stabiles Perzept zu konstruieren. Eine probabilistische (Bayessche) Inferenz-Einheit bewertet das Wahrnehmungskonstrukt und die P200- und P400-Amplituden spiegeln das Bewertungsergebnis wieder.Im Grundlagenteil des Projektantrags sollen (1) die Generalisierbarkeit des P200/P400 Effekts über verschiedene Modalitäten hinweg (visuell, auditorisch und somatosensorisch), (2) der funktionelle Unterschied zwischen P200 und P400 und (3) die hirnanatomischen Quellen von P200 und P400 untersucht werden.Wir erwarten, dass unsere Ergebnisse zum besseren Verständnis von Stabilitätseigenschaften neuronaler Repräsentationen auf einer kognitiven Verarbeitungsstufe beitragen. Im klinischen Projektteil fokussieren wir auf Wahrnehmungsbesonderheiten von Probanden mit Asperger-Autisumus (AA). Bei der Wahrnehmung von AA-Probanden wird die sensori-scher Information stärker und das Wahrnehmungsgedächtnis schwächer gewichtet als bei Normalprobanden. Basierend auf unserem Modell erwarten wir daher bei AA-Probanden ein verändertes Muster des Ambiguitäts-Effekts mit einem steileren Anstieg aber niedrigeren Maxima der P200- und P400-Amplituden. Wir beabsichtigen Vergleiche zwischen AA-Probanden und Normalprobanden bezüglich (1) einer neuen Verhaltensvariable (Hysterese-Abstand), die den Einfluss der unmittelbar zurückliegenden Wahrnehmung auf die aktuelle Wahrnehmung misst, (2) des Verhältnisses zwischen Hysterese-Abstand und P200/P400-Effektstärken und (3) potentieller Abweichungen des P200/P400 Ambiguitäts-Effekts bei be-stimmten hidden figures, deren Wahrnehmung wesentlich von der Verfügbarkeit bestimmter Inhalte des Wahrnehmungsgedächtnisses abhängt.Obwohl Wahrnehmungsbesonderheiten von AA-Patienten zunehmend an Bedeutung für die Diagnostik gewinnen, sind die zu Grunde liegenden Mechanismen wenig verstanden. Wir erwarten, dass unsere Studien zu einem besseren Verständnis von Besonderheiten bei der per-zeptuellen Disambiguierung beitragen. Darüber hinaus sind physiologische Marker für AA bisher kaum verfügbar. Die starken P200/P400-Effekte erlauben statistische Analysen inner-halb von Einzelpersonen und sind daher vielversprechende Kandidaten für solche Marker.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen