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Mikro-evolutionäre Einflüsse von Urbanisierung auf das Verhalten von Tieren

Antragsteller Dr. Philipp Sprau
Fachliche Zuordnung Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung Förderung von 2013 bis 2016
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 242327391
 
Weltweit nimmt die Verstädterung rasant zu und stellt Tiere unweigerlich vor massive Herausforderungen. Durch die Verstädterung können bestimmte Selektionsdrücke entstehen, die jene Tiere begünstigen, welche schnell adaptive Mechanismen an die veränderten Umweltgegebenheiten entwickeln. Interessanterweise wurden, trotz eines in den letzten Jahrzehnten stetig wachsenden Interesses an Stadtökologie, solche durch Verstädterung hervorgerufenen Selektionsdrücke bislang kaum erforscht. Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, anhand von deskriptiven und experimentellen Studien zu untersuchen, ob bzw. in welcher Ausprägung Umweltbedingungen in städtischen Gebieten tatsächlich einen Selektionsdruck ausüben und somit bestimmte Verhaltensmuster und lebensgeschichtliche Entscheidungen beeinflussen. Ganz konkret soll in dieser Studie untersucht werden, ob es eine positive, gerichtete Selektion für risikoreiches Verhalten in städtischen Gebieten gibt. Dafür soll eine Nistkasten-Population von Kohlmeisen, Parus major, entlang verschiedener Stadt-Land-Gradienten in München etabliert werden. Anschließend sollen - unter Mithilfe von wissenschaftlich interessierten Bürgern - konkrete Verhaltensweisen wie Kühnheit, Aggressivität, Nestverteidigung und Fluchtdistanz, sowie fitneß-relevante Merkmale wie Fortpflanzungserfolg und Überlebenswahrscheinlichkeit gemessen werden. Die Studie wird über einen Zeitraum von drei aufeinander folgenden Brut-Saisons (Jahren) laufen, sodaß eine wiederholte Beprobung von Individuen ermöglicht wird. Diese wiederholte Beprobung erlaubt es, inter-individuelle, persönlichkeitsspezifische Merkmale und intra-individuelle Plastizität als Variationen im Verhalten zu bestimmen. Eine solche Herangehensweise ermöglicht es, die Frage zu beantworten, ob die bestehenden Selektionsdrücke jene Individuen bevorzugen, die flexibel in ihrem Verhalten sind, und/oder ob gewisse verhaltensbezogene Phänotypen unter bestimmten Umweltgegebenheiten begünstigt sind. Anhand von Selektionsanalysen soll bestimmt werden, ob und inwieweit Selektionsgradienten als Funktion des Ausmaßes von Verstädterung variieren. Letzteres wird beurteilt durch die quantitative und nestspezifische Erfassung von Lärmpegeln, von Lichtverschmutzung, von menschlicher Aktivität und von Temperaturprofilen entlang des Stadt-Land-Gradienten. Die Ergebnisse werden aufzeigen, wie unterschiedliche Formen und Grade von Verstädterung Muster in Selektionsdrücken für phänotypische Merkmale innerhalb und zwischen Individuen verändert. Daraus ergeben sich wichtige Erkenntnisse über die von Menschen verursachten mikro-evolutionären Prozesse. Gleichzeitig wird die Beteiligung von Bürgern die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erleichtern und somit zu einem steigenden Verständnis beitragen, wie Verstädterung natürliche Ökosysteme beeinflussen kann.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Beteiligte Person Professor Dr. Niels Dingemanse
 
 

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