Die Goldbleche des Tutanchamun - Untersuchungen zur kulturellen Kommunikation zwischen Ägypten und Vorderasien.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen des Projekts konnte eine bislang aufgrund ihres Erhaltungszustands mangelhaft bekannte und weitgehend vernachlässigte Objektgruppe aus dem Grab des Tutanchamun erstmals angemessen bearbeitet werden. Teile der Wagen- und Waffenausstattungen des Grabschatzes waren durch ornamental und szenisch dekorierte Goldfolien verziert, deren reiche Ikonographie neue Erkenntnisse zu kulturellen Kontakten im östlichen Mittelmeerraum des ägyptischen Neuen Reiches versprach. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustands bei der Auffindung wurden diese Objekte in den Magazinen des Ägyptischen Museums gelagert und waren z.B. niemals öffentlich sichtbar. In der Projektarbeit wurde dieses kostbare Material erstmals technologisch-archäometrisch analysiert. Dabei stellten sich die Gegenstände als höchst anspruchsvoll aus Leder, Textilmaterial, Klebstoffen, Stuck und eben den erwähnten goldenen Appliken aufgebaute Objekte heraus, denen qualitativ kaum Vergleichbares an die Seite zu stellen ist. Die technologische Untersuchung erbrachte neuartige Ergebnisse zur Zusammensetzung des Goldes, Aufschlüsse über die verwendeten Materialien und handwerklichen Techniken zu Tage. Insbesondere konnten anhand der Zusammensetzung des Goldes Gruppen ermittelt werden, die vielleicht einzelnen Streitwagen zuzuordnen sind. Auf der Basis der technologischen Analyse konnten die Objekte fachgerecht restauriert werden. Dadurch wurde die ursprüngliche Form der Gegenstände wiedergewonnen. Außerdem wurden sie in einen Zustand versetzt, der erstmals ihre öffentliche Präsentation gestattet. Die restaurierten Objekte wurden umfassend archäologisch dokumentiert und analysiert. Dabei stand die Zuordnung der Gegenstände zu identifizierbaren Objektgruppen - Zaumzeugen, Waffenscheiden, Bogenkästen u. dgl. - im Vordergrund. Dadurch konnten größere Objektzusammenhänge des Grabschatzes wiedergewonnen und in ihrer Zusammensetzung verstanden werden. Eine zentrale Aufgabe der archäologisch-kulturhistorischen Untersuchung war das Studium der ikonographischen Merkmale der Objektgruppe. Deren Dekor zeichnet sich dadurch aus, daß er Elemente genuin pharaonischer royaler Ikonographie einerseits mit Motiven aus dem Umfeld des sogen. „internationalen Stils“, einer ästhetischen Mode und Koinè der Kulturen des östlichen Mittelmeerraums in der 2. Hälfte des 2. JT v.Chr., andererseits verbindet. Eine detaillierte ikonographische Studie fokussierte nicht nur auf die Kombinationen und Verteilung der Motivik innerhalb der unterschiedlichen Gruppierungen der untersuchten Materialgruppe, sondern verfolgte insbes. die ikonographische Geschichte der Motive des „internationalen Stils“ historischarchäologisch auf breiter Basis. Dabei ließ sich zeigen, daß auch die Motive levantinischer Provenienz und Assoziation tief in das Motivrepertoire der pharaonischen Bildproduktion eingebunden waren. Damit sind sie als Zeugnisse eines langfristigen historischen Kulturkontakts, nicht als individuelle Importe zu werten. Die Resultate der Restaurierungs- und Forschungsarbeit wurden in einer Ausstellung »Tutankhamun’s Unseen Treasures: The Golden Appliqués« im Ägyptischen Museum Kairo präsentiert, die auf außerordentliche (ägyptisch)nationale und internationale Resonanz stieß. Im Rahmen des Projekts konnte auch ein wesentlicher Beitrag zur Ausbildung ägyptischer Restauratorinnen und Restaratoren geleistet werden. Die Synergie mit der Förderung aus Programmitteln des Auswärtigen Amts war hierfür entscheidend. Nicht zuletzt führte die herzliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den ägyptischen Projektpartnern zu einer Vertiefung des gegenseitigen Vertrauens und Respekts. Dies fand Ausdruck darin, daß dem team des RGZM die Restaurierung der Goldmaske aus dem Grab des Tutanchamun anvertraut wurde, eine Arbeit, die weltweit Aufsehen erregte und Interesse fand. Eine Fortsetzung insbesondere der restauratorisch-archäometrischen Projektarbeit an anderen Materialgruppen aus dem Grabschatz des Tutanchamun (Gegenstände aus Gold; Eisen; Objekte aus Glas) entwickelte sich ebenfalls aus dieser ägyptisch-deutschen Kooperation.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Die Goldbleche des Tutanchamun – Zur kulturellen Kommunikation zwischen Ägypten und Vorderasien. Archäologie in Ägypten, Magazin des DAIK 2013, 16-21
Stephan Seidlmayer / Christian Eckmann
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Die Goldbleche aus dem Grab des Tutanchamun – die Arbeiten der Jahre 2013-2014. e-Forschungsberichte des DAI 2014
Julia Bertsch / Katja Broschat / Christian Eckmann
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Analysen an Goldblechen und Goldblechfragmenten aus dem Grab des Tutanchamun (Ägypten, 18. Dynastie). In: Archäometrie und Denkmalpflege 2015. Jahrestagung an der Johannes-Gutenberg- Universität Mainz 25.-28. März 2015. Metalla: Sonderheft 7 (Bochum 2015) 183-185
Florian Ströbele / Christian Eckmann / Katja Broschat
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Die goldene Totenmaske des Tutanchamun - Wissenschaftliche Restaurierung und Analyse. Archäologie in Ägypten, Magazin des DAIK 2016, 10-19
Ch. Eckmann / S. Seidlmayer / K. Broschat
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Die Goldbleche aus dem Grab des Tutanchamun. e-Forschungsberichte des DAI 2017, Faszikel 1
Julia Bertsch / Katja Broschat / Christian Eckmann
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Tutankhamun's Unseen Treasures: The Golden Appliqués, Cairo 2017
J. Bertsch / K. Broschat / Ch. Eckmann / S. Ikram / N. Reifarth / F. Ströbele / A. Veldmeijer