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Wanderungsnarrative in den Wissenschaften vom Alten Orient (ca. 1870-1930)

Antragsteller Dr. Felix Wiedemann
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 243151705
 
Wanderungsbewegungen werden in den Altertumswissenschaften des 19. und 20. Jahrhunderts immer wieder zur Erklärung kulturellen und historischen Wandels herangezogen: Sie fungieren als historische Wegmarken und Epochenschwellen und spielen eine zentrale Rolle bei der Konstruktion geohistorischer Großräume. Dieses kritisch als Migrationismus bezeichnete Modell lässt sich nicht allein aus der Geschichte der Einzeldisziplinen heraus erklären, sondern muss in seiner komplexen Wechselwirkung mit wissens- und zeitgeschichtlichen Kontexten gesehen werden. Ebenso wenig allerdings korrespondiert der Migrationismus mit festen politischen und wissenschaftlichen Positionen oder Strömungen. Aus diesem Grund lässt er sich mit wissens- und ideologiegeschichtlichen Ansätzen allein nicht hinreichend erklären. Demgegenüber begreift das Projekt altertumswissenschaftliche Wanderungsmodelle als Erzählungen: Unter Rückgriff auf narratologische Ansätze der Wissenschafts- und Historiographiegeschichte soll gezeigt werden, dass deren Persistenz und Überzeugungskraft wesentlich davon abhängen, wie Migrationen konkret dargestellt werden. Im Zentrum stehen dabei wiederkehrende Erzählmuster, die verwendet werden, um historische Gruppen als Wandernde oder Sesshafte bzw. geohistorische Räume als Ausgangs- und Zielregionen von Migrationen zu konstitu-ieren und in kohärenten historiographischen Darstellungen zu verknüpfen.Das Projekt versteht sich als Grundlagen- und Explorationsstudie und zielt auf die Genese und Trans-formation von Wanderungsnarrativen in einem bestimmten historiographischen Kontext. Vor dem Hin-tergrund der besonders engen Verflechtung von Orientforschung und Geopolitik in Deutschland um 1900 und der großen Rolle, die Wanderungsmotive in religions- und kulturhistorischen Interpretationen des Vorderen Orients bis hin zu judenfeindlichen Geschichtskonstruktionen spielten, ist die Studie auf die sich konstituierenden Wissenschaften vom Alten Orient zwischen ca. 1870 und 1933 fokussiert. Diese werden mit ihrem sprach- und materialwissenschaftlichen Zweig (Assyriologie und Archäologie) ebenso einbezogen wie Schulbücher und museale Repräsentationen. Im Rückgriff auf text- wie bild- und museumswissenschaftliche Verfahren gilt es, die narrative Variabilität der Darstellungsmodi in ihrem Zusammenspiel besonders zu berücksichtigen. Angesichts der transnationalen Vernetzung der zeitgenössischen Wissenschaft wird zudem nach parallelen Entwicklungen in anderen europäischen Ländern gefragt. In einem zweiten Schritt zielt das Projekt auf die Herausarbeitung der kontextuellen Eingebundenheit von Wanderungsnarrativen in den Wissenschaften vom Alten Orient: Zum einen auf die Verflechtung mit geopolitischen Konzeptionen und zum anderen auf den Zusammenhang mit der Debatte um die so genannte Judenfrage.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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