Sportive Orientierungen und Körperkulturen von jugendlichen MigrantInnen im Spannungsfeld von Schule und Lebenswelt
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Zuge des Projekts hat sich die Annahme bestätigt, dass der Körper und seine je kulturelle Rahmung in sozialen Settings von Jugendlichen eine zentrale, mithin aktive Rolle spielt. Dies ist u.a. zu beobachten, wenn es um die Herstellung - d.h. Wahrnehmung und Darstellung - von Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, einem (Schul-)Milieu, einer ethnischen Gruppierung oder Religion geht. Allerdings hat sich auch gezeigt, dass der unmittelbare Blick auf den Körper als Forschungsgegenstand versperrt blieb, solange dieser ausschließlich aus der Perspektive herkömmlicher verbalisierender Verfahren erfolgte. Erst durch die Berücksichtigung des Bildes und seiner praktischen Einbindung ins Forschungsgeschehen konnten Prozesse der Verkörperung (sozialer Zugehörigkeiten) sichtbar, reflexiv verfügbar und damit verbalisierbar gemacht werden. Die im Forschungsprozess identifizierten Körperbilder wiesen oftmals stereotype Züge auf vor allem bei der Aufführung von Geschlecht. Während SchülerInnen des Gymanisums eher dazu tendierten, diese durch ästhetische Aspekte der Lebenshaltung zu kontextualisieren, erfolgten die Geschlechterinszenierungen seitens der HauptschülerInnen eher in unmittelbarer und sexualisierender Weise. Als bemerkenswert mit Blick auf Milieuübergreifende Praktiken erwies sich der Befund, dass das Bild als soziale Praxis dann zur Gemeinsamkeit verschiedener Milieus und sozialer Herkünfte wird, wenn ihre Produktion angelehnt war an verbreitete Praktiken der Nutzung elektronischer Medien und ihrer sozialen Netzwerke. Die Teile der Gruppendiskussionen, die sich mit den Schwerpunkten von Schule und Schulsport befasst haben, brachten in einigen Punkten andere Ergebnisse als erwartet. Einerseits erscheint bedeutsam, dass das Thema Migration/Migrationshintergrund kaum in den Gruppendiskussionen zur Sprache kam und damit auch keine (rekonstruierbare und differenzierbare) Rolle in der Alltagswelt der von uns befragten Jugendlichen zu spielen scheint. Ähnliches lässt sich auch hinsichtlich der Bedeutsamkeit des Schulsports/Sportunterrichts konstatieren. Hier konnten zwar durchaus auch differenzierte Positionen rekonstruiert werden, allerdings zumeist auch erst auf konkrete Nachfragen. Die aus den Diskussionen entwickelte Typologie der Schulrelevanz (bzw. Nicht-Relevanz) bildet dabei die Grundlage auch für sportunterrichtliche Differenzierungen, d.h. die Einordnung insbesondere des Sportunterrichts folgt der Einordnung der Relevanz (bzw. Nicht-Relevanz) von Schule. Die dabei dominierenden schulformspezifischen und in geringerem Ausmaß auch die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Wahrnehmung und Beschreibung des Sportunterrichts lassen durchaus auch erste weiterführende Hinweise auf mögliche und sinnvolle Veränderungen der Unterrichtsstrukturen zu. Im Kern deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass Sportunterricht noch deutlich zielgruppenspezifischer konstruiert werden sollte, wenn er die ihm häufig zugeschriebenen Potenziale auch angemessen realisieren will. Die Heranwachsenden – auch das zeigen die Diskussionen – arrangieren sich durchaus auch mit eher rudimentären Unterrichtsangeboten bzw. deuten diese in ihrem Sinne um, doch kann dies nicht Anspruch der Institution Schule sein, die die Handlungsbefähigung ihrer Akteure als Zieldimension ernst nimmt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2018) „Aussehen ist nicht wichtig!“ – Zum Verhältnis von Körperbildern und Körperpraktiken bei der Herstellung von Geschlecht durch männliche und weibliche Jugendliche. GENDER (GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft) 10 (1) 81–99
Kirchhoff, Nicole; Zander, Benjamin
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(2016). Sozialisation zum Vereinssport von Schülerinnen der 7. Jahrgangsstufe im Schulformvergleich. Rekonstruktion sozialer Mikroprozesse und kollektiver Orientierungen an der Schnittstelle von Familie, Peergroup und Schule. Sport und Gesellschaft, 13(3), 307–335
Zander, Benjamin
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(2016). Sportive Orientierungen und Körperkulturen von Jugendlichen - methodische Zugänge, erste Ergebnisse und didaktischer Nutzen. In D. Wiesche, M. Fahlenbock, & N. Gissel (Hrsg.), Sportpädagogische Praxis - Ansatzpunkt und Prüfstein von Theorie: 28. Jahrestagung der dvs-Sektion Sportpädagogik vom 30. April-2. Mai 2015 in Bochum (S. 261–270). Hamburg: Feldhaus
Zander, Benjamin & Kirchhoff, Nicole
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(2016): Reden über den Körper als Handlungsproblem von SchülerInnen. Zur Erweiterung von Gruppendiskussionen durch Collagen und fotografische Selbst-Inszenierungen. Zeitschrift für Qualitative Forschung (ZQF), 17 (1-2), 107-131
Kirchhoff, Nicole
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(2017). Montagen als Medium der sozialpädagogischen Erforschung familialer Alltagswelten. Eine exemplarische Diskussion visueller Forschungszugänge in der Sozialen Arbeit. In Deutsches Jugend Institut (Hrsg.): Auf dem Weg zum Gegenstand im Forschungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe: Methodologische Herausforderungen in der qualitativen Forschung. München: DJI
Euteneuer, Matthias & Kirchhoff, Nicole
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(2017). Unterschiede im Sportunterricht zwischen Gymnasien und Hauptschulen. sportunterricht, 66 (12), 361–365
Burrmann, Ulrike & Zander, Benjamin
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(2017): Kulturen und Praktiken des Körpers. In Stephan Moebius et al. (Hrsg.): Handbuch Kultursoziologie, Bd. 2. Wiesbaden: Springer VS
Meuser, Michael & Kirchhoff, Nicole
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(2018) Sportunterricht als konjunktiver Erfahrungsraum. Rekonstruktion kollektiver Orientierungen zum Sportunterricht von SchülerInnen im 7. Schuljahr. Zeitschrift für sportpädagogische Forschung, 6 (2) 5-30
Zander, Benjamin