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Archäologie einer Transformationszeit. Das Gräberfeld von Niedernai und das 5. Jahrhundert am Oberrhein

Antragstellerin Dr. Susanne Brather-Walter
Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 246602782
 
Der 1995 ausgegrabene Friedhof von Niedernai ist der einzige weitgehend vollständig und modern ausgegrabene sowie weitgehend ungestörte der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts im Elsass und im weiteren Umfeld. Gestützt auf die Analyse des mit 33 Bestatteten relativ überschaubaren Friedhofs werden die archäologischen Quellen zur Transformationszeit nach dem Ende des Weströmischen Reichs - zweite Hälfte des 5. und frühes 6. Jahrhundert - am Oberrhein grundsätzlich überdacht und gegebenenfalls historisch neu interpretiert. Im Zentrum steht die Frage, ob die im archäologischen Material zu erkennenden, grundlegenden kulturellen Veränderungen ursächlich auf die Zuwanderung östlicher Bevölkerungsgruppen zurückzuführen sind oder durch eine kulturelle Neuorientierung der zuvor römischen Bevölkerung erklärt werden können. Im Gegensatz zu älteren Studien, die diese Frage allein anhand ausgewählter archäologischer Funde zu beantworten suchten, wird in die Analyse die gesamte Breite archäologischer Quellen einbezogen sowie ein weites Spektrum moderner naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden eingesetzt.Die naturwissenschaftlichen Analysen bieten die Möglichkeit, traditionelle Interpretationsmuster an-hand neuen Datenmaterials auf den Prüfstand zu stellen. 14C-AMS-Daten erlauben es, die archäologisch nicht datierbaren beigabenlosen bzw. -armen Gräber in die chronologische Betrachtung einzubeziehen. Die Analyse von aDNA gewährt einerseits Aufschluss über biologische Verwandtschafts-verhältnisse. Sie liefert zugleich Informationen darüber, ob es sich bei den auf dem Gräberfeld erkennbaren Gruppen von Gräbern um Familienverbände handelte bzw. die von archäologischer Seite vermuteten sozialen Verwandtschaftsbeziehungen tatsächlich bestanden. Andererseits liefert der Vergleich der aDNA mit anderen Fundorten sowie mit rezenter DNA Erkenntnisse über die Ortstreue der dort bestatteten Individuen. Ergänzend dazu bietet die Untersuchung von Strontium- und Sauerstoff-Isotopsignaturen weitere kontrastierende Hinweise auf Mobilität oder Ortstreue der Toten. Die Stickstoff- und Kohlenstoffisotopenanalyse erlaubt bei einer Mehrfachbepro¬bung unterschiedlicher Gewebe eines Individuums zudem Rückschlüsse auf die Ernährung und somit auf potentielle Subsistenzwechsel oder krisen.Das Projekt besitzt durch die Verschränkung moderner, theoretisch fundierter archäologischer Ansät-ze und den konsequenten und methodenkritischen Einsatz naturwissenschaftlicher Standardverfahren Modellcharakter. Wir erwarten einerseits wichtige fachliche Impulse für die deutsche und für die fran-zösische Frühmittelalterforschung sowie andererseits durch die intensive binationale Kooperation eine Zusammenführung unterschiedlicher nationaler Forschungsperspektiven. Gleichzeitig wird mit dem Projekt das bereits vorhandene altertumswissenschaftliche französisch-deutsche Netzwerk für die Spätantike auf die Frühmittelalterarchäologie unter Einbeziehung von Naturwissenschaften erweitert.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Frankreich
 
 

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