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Archäologie einer Transformationszeit. Das Gräberfeld von Niedernai und das 5. Jahrhundert am Oberrhein

Antragstellerin Dr. Susanne Brather-Walter
Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 246602782
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Alle im Antrag formulierten Ziele wurden erfüllt. Die Monographie ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber zu weiten Teilen bereits verfasst und wird in den nächsten Monaten fertiggestellt. Zu den Überraschungen zählen zweifelsohne die Datierungen zweier Gräber, die laut der 14C‐AMS‐Messungen bereits dem 4. Jahrhundert angehören. Der Beginn der Nekropole ist demzufolge wesentlich früher anzusetzen als zunächst angenommen und fällt noch in die Römerzeit. Unklar bleibt jedoch der zeitliche Abstand zu den nachfolgenden Bestattungen des 5. Jahrhunderts. Hinsichtlich der Genetik ergab sich nur eine direkte Verwandtschaft zwischen zwei weiblichen Individuen. Eltern‐Kind‐Beziehungen konnten erstaunlicherweise in keinem einzigen Fall attestiert werden, wobei anzumerken ist, dass lediglich die maternelle Linie beprobt werden konnte, für die paternelle, d. h. die väterliche Abstammungskurve war die y‐chromosomale aDNA bereits zu stark degradiert. Innovation: Das in diesem Projekt erstmals international angewandte verfeinerte Verfahren (Isotopen) des Schneidens der Zähne entlang der Wachstumslinien im Rahmen der Analyse der Kohlen‐ und Stickstoffisotope übertraf hingegen alle Erwartungen. Es konnten auf diese Weise individuelle ‚Ernährungsbiographien‘ für einen Großteil der Toten erstellt werden, sofern die Backenzähne noch erhalten waren. Veränderungen in der Nahrungskette ließen sich dadurch nicht nur detektieren, sondern auch auf sechs Wochen genau datieren. Im Abgleich mit den Werten der Strontiumisotopie ergab sich darüber hinaus eine bemerkenswerte Übereinstimmung: Diejenigen Individuen, die ein abweichendes Nahrungsverhalten aufwiesen, besaßen auch ‚nichtlokale‘ Strontiummarker. Das auf archäologischer Basis anhand der Objekte gewonnene Beziehungsgeflecht verweist eher auf kleinräumige regionale Kontakte im näheren Umfeld und steht eher für Kommunikation und Austausch als für den Nachweis eingewanderter Gruppen. Aus dieser Perspektive erscheint Niedernai weniger als landnehmende Zuwanderergruppe denn als Lokalbevölkerung mit Kontakten in verschiedene Richtungen. Alle Ergebnisse zusammengeführt zeichnet sich das Bild einer weitgehend stabilen Lokalbevölkerung ab, die über eine Dauer von etwa 100 Jahren einen Bestattungsplatz nutzte. Bis zu einem Drittel könnten als ‚Zugezogene‘ aufzufassen sein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Archäologie einer Transformationszeit: Das Gräberfeld von Niedernai und das 5. Jahrhundert am Oberrhein. Archéologie d’une période de transformation: La nécropole de Niedernai et le Ve siècle dans la région du Rhin supérieur. DFG‐ANR‐Projekt „Nied’Arc5“. Collegium Beatus Rhenanus. Eucor‐Newsletter 17/2014, 11 12
    Susanne Brather‐Walter/Eckhard Wirbelauer
  • Das Gräberfeld von Niedernai im Elsaß. Archäologische Nachrichten aus Baden 90/91, 2015 (2016) 58‒63
    Susanne Brather‐Walter
  • Tracing changes in early life history of individuals from a Migration period cemetery. ISBA7 Conference Handbook (Oxford 2016) 89‒90
    Andrea Czermak/Susanne Brather‐Walter/Lothar Schermelleh/Hubert Fehr/Julia Lee‐Thorp
  • Archaeology, History and Biosciences. Interdisciplinary Perspectives. Ergänzungsbände des Reallexikons der Germanischen Altertumskunde; 107 (Berlin/Boston2019). 210 S.
    Susanne Brather‐Walter (ed.)
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/9783110616651)
 
 

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