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Annihilatoren und Kerne in Katos Kohomologie in positiver Characteristic und in Wittgruppen in Charakteristik 2

Fachliche Zuordnung Mathematik
Förderung Förderung von 2013 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 248466702
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In der Algebra befasst man sich häufig mit Objekten, die über gewissen Zahlbereichen, z.B. über Ringen wie die ganzen Zahlen, oder über Körpern wie die rationalen, die reellen oder die komplexen Zahlen, definiert sind. Das Verhalten solcher Objekte wird dabei sehr vom zu Grunde liegenden Zahlbereich geprägt. So hat die Gleichung x2 + y2 = 0 keine Lösung mit reellen von Null verschiedenen Zahlen x und y, aber sie hat eine solche Lösung mit komplexen von Null verschiedenen Zahlen x und y (sogar unendlich viele verschiedene Lösungen). Der Ausdruck x2 + y2 ist ein Beispiel für eine quadratische Form, d.h. ein homogenes quadratisches Polynom in endlich vielen Variablen (die Variablen x und y im Beispiel). Quadratische Formen kommen in vielen Bereichen der Algebra und auch in anderen Bereichen der Mathematik vor. Ein anderer Typ algebraischer Objekte sind sogenannte zentral-einfache Algebren, zu denen Körper gehören, aber auch andere ‘exotischere’ Zahlbereiche wie z.B. die Hamiltonschen Quaternionen. Objekte wie quadratische Formen und zentral-einfache Algebren haben trotz ihrer abstrakten Definition durchaus Anwendungen: ganzzahlige quadratische Formen spielen eine große Rolle in der Theorie der Gitter mit Anwendungen auf Kristallgitter, Kugelpackungsprobleme, oder auf solche Gitter, auf denen gewisse Codes basieren. Zentral-einfache Algebren werden in Space-Time Block Codes verwendet, welche ihrerseits bei Wireless Communication eingesetzt werden. Bei diesem Projekt ging es darum, solche algebraische Objekte über Körpern zu untersuchen, insbesondere deren Verhalten beim Übergang von einem Körper zu einem ‘größeren’ (wie in obigem Beispiel von den reellen zu den komplexen Zahlen). Es gibt Typen von quadratischen Formen bzw. zentral-einfachen Algebren, die von besonders einfacher und gut kontrollierbarer Struktur sind und die man als die ‘trivialen’ Objekte unter allen quadratischen Formen bzw. Algebren ansehen kann. Es ist daher von besonderem Interesse, zu bestimmen, welche dieser Objekte trivial werden unter einer gegebenen Körpererweiterung. Bei quadratischen Formen spricht man hierbei von der Bestimmung des Wittkerns der Körpererweiterung, bei Algebren vom Brauerkern der Körpererweiterung. Es stellt sich heraus, dass es eine Theorie gibt, die hilft, sowohl quadratische Formen als auch zentral-einfache Algebren über einem Körper in gewisser Weise zu klassifizieren, eine sogenannte Kohomologietheorie. Auf Grund dieser tiefliegenden Zusammenhänge lag es nahe, auch entsprechende Kerne in der Kohomologietheorie zu bestimmen, woraus sich die Witt- und Brauerkerne dann herleiten lassen. Im Projekt wurden spezielle Typen von Körpern betrachtet, die in diesem Themenkreis bisher nur eingeschränkt Beachtung fanden, die aber eine überraschend reichhaltige Theorie liefern, nämlich Körper endlicher Charakteristik, d.h. Körper, in denen man die Null als Summe von endlich vielen Einsen schreiben kann. Ein Körper der Charakteristik 2 ist z.B. ein Körper, in dem 1 + 1 = 0 gilt (solche Körper werden z.B. in der Informatik benötigt). Entsprechend gibt es zu jeder Primzahl p Körper der Charakteristik p. Die Kohomologietheorie, die bei solchen Körpern ‘positiver’ Charakteristik p von Belang ist, ist die sogenannte Kato-Kohomologie, die aus zwei Typen von Kohomologiegruppen bestehen, den H- und den ν-Gruppen. Die H-Gruppen stellen für Körper der Charakteristik 2 den Zusammenhang mit quadratischen Formen her, und die ν-Gruppen mit deren Verwandten, den Bilinearformen. Ziele dieses Projekts waren daher Bestimmung von Wittkernen in Charakteristik 2 und, allgemeiner, Bestimmung von Kohomologiekernen in beliebiger positiver Charakteristik, und Bestimmung von Annihilatoren in Kato-Kohomologie, das sind Elemente in der Kohomologie, die unter Verknüpfung mit einem anderen vorgegebenen Element trivial werden. Diese Annihilatoren lassen sich in einigen Fällen auch als Kerne ausdrücken. Im Projekt wurden für verschiedene Typen von Körpererweiterungen die Wittkerne in Charakteristik 2 bestimmt, insbesondere für quadratische Formen und Erweiterungen vom Grad 4 (in Zusammenarbeit mit Marco Sobiech, einem Doktoranden des Projektleiters), was bisher nur in Charakteristik ungleich 2 bekannt war, für ν-Gruppen und Bilinearformen und eine große Klasse sogenannter Funktionenkörper (in Zusammenarbeit mit Andrew Dolphin), und für quadratische Formen und sogenannte inseparable multiquadratische Erweiterungen und gewisse Erweiterungen von solchen. Marco Sobiech konnte darüberhinaus in überraschender Allgemeinheit in einer hoch-technischen Arbeit die Kohomologiekerne für H-Gruppen für beliebige inseparable Erweiterungen bestimmen, und zwar in jeder positiven Charakteristik. Dies ist das bisher weitreichendste Ergebnis für Kerne für H-Gruppen. Die Arbeit über Annihilatoren dauert an und hat bisher einen Teil der vermutete Resultate bestätigt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • The behaviour of differential, bilinear and quadratic forms under purely inseparable field extensions
    M. Sobiech
  • Differential forms and bilinear forms under field extensions. J. Algebra 441 (2015), 398–425
    A. Dolphin, D.W. Hoffmann
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jalgebra.2015.05.034)
  • Witt kernels and Brauer kernels for quartic extensions in characteristic two. J. Pure Appl. Algebra 219 (2015), no. 10, 4619–4634
    D.W. Hoffmann, M. Sobiech
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jpaa.2015.02.034)
  • Witt kernels of quadratic forms for multiquadratic extensions in characteristic 2. Proc. Amer. Math. Soc. 143 (2015), no. 12, 5073–5082
    D.W. Hoffmann
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1090/proc/12651)
 
 

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