Konsequenzen des Wahlsystemwandels in modernen Demokratien. Eine Analyse der Effekte politischer Institutionen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Was passiert, wenn sich Wahlgesetze ändern? Ziel dieses Projektes war es zu untersuchen, wie sich der Wandel von Wahlsystemen auf politisch relevante Faktoren wie beispielsweise die Größe und Zusammensetzung des Parteiensystems auswirken. Ein zentraler Aspekt des Projektes war es daher, Daten von politischen Institutionen und deren Effekte auf der Wahlkreisebene zu erheben. Auf dieser Ebene sollen nach theoretischen Erkenntnissen die Effekte von Wahlsystemen unmittelbar zu beobachten sein. Die innovative Datenerhebung erlaubt es Forscherinnen und Forschern, den gesamten Wahlprozess zu erfassen. Unsere Daten geben Aufschluss über das strategische Verhalten von Parteien und Wählerinnen und Wählern sowie über die mechanische Umrechnung von Stimmen in Mandate in mehr als 9000 Wahlkreisen in 12 modernen Demokratien. Durch die Integration aller dynamischen Schritte, die zwischen den Institutionen und dem parlamentarischen Parteiensystem stehen, können wir einige Schwächen existierender empirischer Studien umgehen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Anzahl der zu vergebenen Mandate einen Einfluss auf die Größe des Parteiensystems hat. Der makro-soziologische Kontext bedingt diese Beziehung. Nur ein Teil des Elektorats verhält sich basierend auf dem Wahlsystem strategisch und wendet sich von der präferierten Partei zugunsten einer erfolgversprechenden Partei ab. Ein hoher Anteil der Wählerschaft verhält sich nicht strategisch, wodurch der theoretisch vorhergesagte psychologische Effekt empirisch nur undeutlichen gemessen werden kann. Die taktischen Überlegungen von Wählerinnen und Wählern sind somit schwer zu erfassen, und vielleicht sogar schwieriger zu greifen als existierende Forschung bisher angenommen hat. Betrachten wir die Folgen von Wahlsystemen hingegen im Zeitverlauf, so zeigt sich, mechanische Effekte durch Verhaltensänderungen der Wählerinnen und Wähler recht schnell kompensiert werden. Dennoch scheint der mechanische Effekt laut unseren Daten das entschiedenste Bindeglied im gesamten Wahlprozess zu sein. Diese Ergebnisse leisten einen Beitrag für die zukünftige Weiterentwicklung von Theorien bezüglich politischer Institutionen und derer Möglichkeit das Verhalten von politischen Akteuren zu strukturieren. Empirisch gesehen weisen die Befunde darauf hin, dass weitere Analysen der zeitlichen Dimension und die Einbeziehung von Erkenntnissen aus der Wahlverhaltensforschung zukünftig wichtige Aufschlüsse über die psychologischen Effekte des Wahlsystems geben könnte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2016. The political consequences of changes in district magnitude. In Acta Politica 52 (3), 406–427
Philipp Harfst
(Siehe online unter https://doi.org/10.1057/s41269-016-0022-0) - 2017. The cost of electoral fraud: Establishing the link between electoral integrity, winning an election, and satisfaction with democracy. In Journal of Elections, Public Opinion and Parties 27 (3), 350–368
Jessica Fortin-Rittberger, Philipp Harfst, Sarah C. Dingler
(Siehe online unter https://doi.org/10.1080/17457289.2017.1310111) - 2017. The ‚Law of Conservation of Disproportionality‘ and electoral prospects of small parties. In Parties, Governments and Elites. The Comparative Study of Democracy, Hrsg. Philipp Harfst, Ina Kubbe, Thomas Poguntke. Wiesbaden: Springer VS, 105–124
Philipp Harfst
(Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-658-17446-0_7) - 2018. Elusive indeed – The mechanical versus psychological effects of electoral rules at the district level. In Electoral Studies 53, 90–98
Philipp Harfst, Sarah C. Dingler, Jessica Fortin-Rittberger, Julian Noseck, Sven Kosanke
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.electstud.2018.04.001)