Fokussierte Information: Interaktionen zwischen visuellem Fokus, Aufmerksamkeitsfokus und dem Fokus im visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnis
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Wissen um die räumlichen Verhältnisse in unserer Umgebung ist wichtig, um sich in dieser Umgeben entsprechend zu verhalten (z.B. beim plötzlichen Ausweichen in gefährlichen Verkehrssituationen). Dabei können wir uns nur bei vor uns liegenden Gegenständen darauf verlassen, dass dieses Wissen durch unseren Blick oder verdeckte Aufmerksamkeit direkt zugänglich ist. Für Gegenstände, die räumlich hinter uns liegen, müssen wir unser Gedächtnis nutzen. Über dieses Zusammenspiel von Blick, Aufmerksamkeit und dem Aufbau oder Aufrechterhalten von Repräsentationen im Arbeitsgedächtnis ist noch nicht genügend bekannt. Jedoch hat empirische Evidenz gezeigt, dass die Blicksteuerung sowohl sehr stark mit der Verschiebung von visueller Aufmerksamkeit zu tun hat als auch mit der Aufrechterhaltung räumlicher Informationen. In diesem DFG-Projekt wurden drei Teilprojekte durchgeführt. Zunächst (Projekt A) konnte gezeigt werden, dass offene Enkodierung gegenüber der verdeckten keine Vorteile oder Nachteile für die Gedächtnisleistung bringt. Vorteile hätte man dann erwarten können, wenn überlappende Strukturen für den Gedächtnisaufbau förderlich wären. Nachteile würde sich daraus ergeben, dass räumliche Interferenz durch die Steuerung des Blickes zu verschiedenen Positionen mit den zu erinnernden Stimulipositionen auftreten könnte. Die mehrfach replizierte Unterdrückung von Sakkaden zu den sichtbaren Objektpositionen deuteten auf Interferenz hin. Jedoch hat sakkadische Unterdrückung keine Relevanz für die Gedächtnisleistung. Hingegen spielen Sakkaden zu Positionen, die zu Beginn einer Aufgabe enkodiert werden mussten, eine vorteilige Rolle für die Gedächtnisleistung. Dieses Abtasten der ersten Position könnte Ausdruck domänenübergreifender Prozesse sein, da bei verbaler, serieller Information ebenfalls der Beginn einer Liste durch rehearsal gestärkt wird. Eine weitere Serie von Experimenten (Projekt B) mit simultaner Darbietung von zu erinnernden Positionen bestätigt, dass regressive Fixationen zu räumlichen Platzhalten in einem Retentionsintervall förderlich sind. Jedoch können diese Fixationen zeit-basiertem Vergessen nicht entgegenwirken. An letzterem scheinen vor allem zentrale Ressourcen beteiligt zu sein. Schließlich wurde im letzten Teilprojekt (Projekt C) im Rahmen des Retro-Cue Paradigmas gezeigt, dass sich die Sakkadensteuerung dynamisch und strategisch den Bedingungen in einem Retentionsintervall anpasst. Sakkaden werden vor dem Retro-Cue unterdrückt, weil invalide Sakkaden die Gedächtnisleistung verschlechtern. Beim Retro-Cue wird nicht nur die innere Aufmerksamkeit, sondern auch der Blick auf die mit der Repräsentation verbundenen Position gelenkt. Nach dem Retro-Cue ist Unterdrückung nicht mehr nötig, da die Repräsentation bereits für den Abruf priorisiert wurde. Der Interferenzeffekt von Sakkaden in Projekt C steht scheinbar im Wiederspruch zu der fehlenden Interferenz in Projekt A. Unterschiede im Design könnten darauf hindeuten, dass es bei der Frage der Interferenz auf die spezifische Aufgabe ankommt. In Projekt C mussten Farben an (festen) Position erinnert werden, in Projekt A eine Anzahl von mehreren (variablen) Positionen. Eine Fortsetzung des Antrags wäre also interessant und wünschenswert.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2020) Gaze-based and attention-based rehearsal in spatial working memory. Journal of experimental psychology. Learning, memory, and cognition 46 (5) 980–1003
Souza, Alessandra S.; Czoschke, Stefan; Lange, Elke B.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1037/xlm0000771)