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Medien als Akteure in Planungskonflikten

Fachliche Zuordnung Städtebau/Stadtentwicklung, Raumplanung, Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Landschaftsplanung
Förderung Förderung von 2014 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 255429546
 
Erstellungsjahr 2017

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Presseöffentlichkeit war in der Vergangenheit wiederholt mit dem Verdacht konfrontiert, von ihr würden nachteilige Impulse ausgehen, die den Erfolg von Planungsprojekten gefährden oder infrage stellen. Die Ansicht, dass Medien Widerstände hochspielen oder unterstützen, teilen viele Praktiker, Beobachter und Experten. Das Forschungsprojekt ist der Frage nachgegangen, ob lokale Tageszeitungen gegen Planungsprojekte anschreiben und, wo vorhanden, aufbegehrende Bürgerinitiativen oder andere Kritiker unterstützen. Nimmt man die Studienergebnisse ernst, deutet vieles auf eine Überschätzung des Problems hin. Denn auch diese Studie bestätigt, dass eher das Gegenteil der Fall ist: lokale Journalisten und Redakteure begrüßen fast immer städtebauliche Vorhaben und Entwicklungen – hier Shoppingcenter-Projekte –, während kritische Stimmen tendenziell abgewertet, wenn nicht sogar als illegitim dargestellt werden. Die Konzeption der Studie war von der Idee ausgegangen, Tageszeitungen als politische Akteure zu untersuchen, was hieß, genau die Situation zu identifizieren, in der die Lokalpresse eine per definitionem unabhängige Position bezieht und verantwortliche Politiker, Vorhabenträger und Planer unter Druck setzt. Diese Situation trat in den untersuchten Planungskonflikten mit der gebotenen Deutlichkeit nur einmal zutage: im Fall des Jenaer Eichplatz-Quartiers. Doch auch in Jena, wo das Projekt scheiterte, nahm die Lokalpresse dadurch keinen nachweisbaren Einfluss. Auch in keiner Fallstudie sonst war die Lokalpresse von sich aus geneigt, die Shoppingcenter-Pläne zu stürzen. Umso auffälliger sind die Differenzen, die sich in Bezug auf die jeweilige Struktur der Öffentlichkeit und den dort resonanten Stimmen offenbarten. So zeigte sich, dass die der Relation Politik/Medien eigene strukturelle Kopplung fallweise höchst verschiedene Qualitäten aufweisen kann: • eine „vermachtete“, PR-affine und von wenigen „Hauptdarstellern“ dominierte Öffentlichkeit auf der einen Seite, • eine stärker am Leser orientierte und weniger von Politikern und Wirtschaftsakteuren dominierte Öffentlichkeit auf der anderen Seite. Lokalzeitungen stehen in einer spannungsreichen Relation. Diese resultiert aus ihrer Mittelstellung als integraler Bestandteil lokaler Ökonomien und Netzwerke einerseits und ihrer Leser- und Publikumsorientierung andererseits. Treten Konflikte auf, ist die Lokalpresse in besonderer Weise herausgefordert, wenn die Interessensansprüche, wie bei Shoppingcenter-Plänen, die ortsansässige Unternehmerschaft entzweien. Die Lokalpresse spiegelt, abgesehen davon, dass sie die Wortbeiträge und Stellungnahmen einzelner Akteure weiterreicht – eine Auswahl, die zwingend selektiv und asymmetrisch ist, aber vom Wortführer einer Partei, über den lokalen Unternehmer bis hinab zum kleinen Mann auf der Straße als „opportune Zeugen“ reichen kann –, vor allem die öffentlichen Sitzungen des Rates und seiner Gremien wider, dies jedoch keinesfalls erschöpfend. Das von der Bundesebene her bekannte Gefälle, was die Sichtbarkeit legislativer (hoch) und exekutiver (gering) Abläufe betrifft, findet seine Bestätigung auf lokaler Ebene. Dies kann einesteils auch die geringe Sichtbarkeit der Planer als Exekutivmitglieder erklären. Vorentscheider-Strukturen können, wo vorhanden, auch von der Lokalpresse nicht eingesehen werden. Shoppingcenter-Projekte sind, den untersuchten Planungskonflikten nach zu urteilen, typische Fälle für Vorentscheider-Strukturen. Die Studie hat den Aufweis erbracht, dass nicht die Lokalpresse, sondern diverse andere Faktoren über den Ausgang von Planungskonflikten bestimmen. Allerdings kann keiner der Faktoren, die mit dem Erklärungsmodell in die Untersuchung eingebracht wurden, für sich beanspruchen, als solcher zum Erfolg oder Misserfolg der Shoppingcenter-Pläne beigetragen zu haben. Sowohl die Weiterentwicklung des Erklärungsmodells, in deren Folge die Zahl der Bedingungsfaktoren erhöht wurde, als auch die Institutionenanalyse, geben den Hinweis, dass Planungskonflikte ähnlich offenen Systemen durch eine kaum vorhersehbare Kombination von sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren entschieden werden.

 
 

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