Der Lehrfilm zwischen Politik und Unterricht: Zur Einführung und Wirkung eines neuen Bildungsmediums in internationaler Perspektive, 1918 bis 1939
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt „Der Lehrfilm in der Zwischenkriegszeit. Deutschland, Frankreich und Italien im Vergleich“ untersuchte die Diskurse, Praktiken und Kooperationen in der Zeit zwischen 1918 und 1939 in einem trinationalen Vergleich. Verbunden ist damit ein Fragekomplex, der den Forschungsgegenstand Lehrfilm in historischer, pädagogischer und politischer Hinsicht erörtert. Dazu gehörten (1) welche Argumentationsstrategien bei der Einführung dieses neuen Bildungsmediums entwickelt wurden und welche Akteure hieran beteiligt waren; (2) wie sich das visuelle Bildungsmedium in den einzelnen nationalen Bildungskulturen verortete; (3) welche Bedeutung der Lehrfilm für die Produktion und Popularisierung von Wissen hatte und ob mediendidaktische Konzepte im Vergleich zu den traditionell textorientierte Lehrmitteln, wie dem Schulbuch, an Einfluss gewannen; und schließlich (4) die Frage nach der starken transnationalen Vernetzung im Lehrfilmbereich, die insbesondere durch den Völkerbund in den 1920er und 1930er Jahren gefördert wurde. Auf der Basis eines umfangreichen Quellenbestandes, der in Archiven in Genf, Paris, Rom, Florenz, Straßburg sowie Koblenz und Berlin gesichtet und ausgewertet wurde, rekonstruierten drei Teilstudien das bildungshistorische Themenfeld Lehrfilm. Hierzu gehörte zum einen eine Untersuchung, die sich mit den pädagogischen, politischen und technischen Rahmenbedingungen bei der Einführung des Lehrfilms in der Weimarer Republik und während der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigte. Um die diachrone und synchrone Entwicklung der Diskussion in allen drei Ländern darzustellen, wurde das neue Medium Lehrfilm mit dem konventionellen Medium Schulbuch verglichen. Als thematischer Vergleichsfokus diente der Unterrichtsgegenstand Kolonialismus, der Bestandteil des deutschen, französischen und italienischen Geschichts- und Geografiecurriculums war. Zum anderen wurden in einer zweiten Studie die erkenntnistheoretisch-pädagogischen Diskurse in Frankreich und Italien analysiert und auf ihre politische Zielsetzung untersucht. Sowohl die Dritte Republik als auch das faschistische Italien setzten das neue Bildungsmedium Lehrfilm im Unterricht ein und versuchten durch die anschaulichen Bewegtbilder, ihre Bürger und Bürgerinnen politisch zu beeinflussen. Dies geschah oftmals durch Lehrfilme, die das Sujet Kolonialismus aufgriffen. Die dritte Teilstudie setzte sich mit der Konstituierung transnationaler Bildungsräume durch die internationale Kooperation im Lehrfilmbereich auseinander. So sah der Völkerbund im Lehrfilm eine Möglichkeit, den Schülerinnen und Schülern über nationale Ländergrenzen hinweg Wissen zu vermitteln, sie über das Geschehen in der Welt zu informieren und auf diese Weise zur Völkerverständigung beizutragen. Die Schule sollte mithilfe des Lehrfilms in eine friedensorientierte Institution transformieren werden. Das Projekt stellt einen Beitrag zur Rekonstruktion historischer Bildungsdiskurse dar und erweiterte die historisch-kulturwissenschaftlichen Forschungsfelder Medienwandel und Bildungsmedienforschung, denen im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte um die Anwendungsmöglichkeiten digitaler Medien im Schulunterricht große Relevanz zukommt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Das Für und Wider neuer Bildungsmedien. Der Schulfunk in der Zwischenkriegszeit, in: Rundfunk und Geschichte, 3-4 (2016), S. 24-35
Annegarn-Gläß, Michael
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Educational Film Studies. A Burgeoning Field of Research, in: Journal of Educational Media, Memory, and Society 8:1 (2016), S. 120-129
Bruch, Anne
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Introduction. Educational Films. A Historical Review of Media Innovations in School, in: Journal of Educational Media, Memory, and Society 8:1 (2016), S. 1-13
Fuchs, Eckhardt; Bruch, Anne; Annegarn-Gläß, Michael
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The German Colonies in ‚Die Weltgeschichte als Kolonialgeschichte‘. The Use of Filmic Techniques in Colonial Revisionism in the 1920s, in: Journal of Educational Media, Memory, and Society 8:1 (2016), S. 14-29
Annegarn-Gläß, Michael
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‚Meglio di ieri‘. Educational Films, National Identity and Citizenship in Italy from 1948 to 1968, in: Journal of Educational Media, Memory, and Society 8:1 (2016), S. 78-90
Bruch, Anne
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‚Spotlight on the Colonies‘. Koloniale Informationsfilme in und über die britischen Kolonien in Afrika nach 1945, in: Wissen in Bewegung. Migration und globale Verflechtungen in der Zeitgeschichte, hrsg. von Stephanie Zloch, Lars Müller und Simone Lässig, Berlin – Boston 2018, S. 197-212
Bruch, Anne
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Europäische Initiativen im Lehrfilmbereich und Schulfernsehen als Herausforderung für die Darstellung Europas im Unterricht, in: Europa und Bildungsmedien – Europe and Educational Media, (Beiträge zur historischen und systematischen Schulbuch- und Bildungsmedienforschung), hrsg. von Annemarie Augschöll Blasbichler, Eva Matthes und Sylvia Schütze, Bad Heilbrunn 2019, S. 275-284
Bruch, Anne; Sammler, Steffen
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Koloniales Wissen in deutschen Schulbüchern und Lehrfilmen der Zwischenkriegszeit, in: Geschichtsunterricht, Identitätspolitik vom Kalten Krieg bis in die Gegenwart. Geschichtsbücher und ihr gesellschaftlicher Kontext, hrsg. von Robert Schweitzer, Uta-Maria Liertz, Norderstedt 2020, S. 85-104
Annegarn-Gläß, Michael
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La escuela del future. El rol educativo de la propaganda en los documentales fascistas italianos, in: Totalitarismos europeos, propaganda y educatión. Una historia visual desde los NO-DO, hrsg. von Eulàlia Collelldemont und Conrad Vilanou, Gijón 2020, S. 261-274
Bruch, Anne
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Neue Bildungsmedien revisited. Zur Einführung des Lehrfilms in der Zwischenkriegszeit, (Beiträge zur historischen und systematischen Schulbuch- und Bildungsmedienforschung), Bad Heilbrunn 2020
Annegarn-Gläß, Michael