Detailseite
Projekt Druckansicht

Rechtsextremismus und Gender: politische Sozialisation und Radikalisierungsprozesse im ländlichen Raum. Eine Fallstudie.

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 260066309
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Es wird danach gefragt, welche Gelegenheitsstrukturen im ländlichen Raum eine politische Sozialisation in extrem rechte Orientierungen bei jungen Frauen und Männern begünstigen. Das Projekt repliziert die Jugendstudie von Paul Willis aus den frühen Cultural Studies der University of Birmingham „Learning to Labour“, die 1979 unter dem Titel „Spaß am Widerstand“ auf Deutsch erschien. Standen damals (ausschließlich) Arbeiterjungen in den Midlands von U.K. im Niedergang des Bergbaus im Mittelpunkt der Untersuchung, so werden in dem DFG- Projekt auch Jugendliche aus Familien angeworbener Arbeitskräfte aus der Türkei und weibliche Jugendliche einbezogen sowie die Geschlechterverhältnisse und deren Konstruktion thematisiert. Wie die Untersuchung von Paul Willis ist auch diese Studie in (ehemals) industrialisierten und ländlich geprägten Räumen durchgeführt worden. Sie findet jedoch eine Übersetzung in die Lebenschancen von Jugendlichen zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Westdeutschland. Und: in dieser Studie werden die soziökonomischen und politisch-kulturellen Kontextbedingungen intensiver untersucht, unter denen die Jugendlichen politisch sozialisiert werden und wie sie mit diesen regressiv, progressiv, subversiv umgehen. Die Jugendlichen bewegen sich dabei in Räumen zwischen den Narrativen der Generationen über die Vergangenheit der Orte, an denen sie leben und an die sie gebunden sind – sie sind Träger der Erzählungen in Abschließung zu anderen – und der Gegenwart, in der sie leben und in die sie sich mit ihren Lebenschancen einfädeln müssen. Und sie bewegen sich in den Zwischenräumen der Migrationsgesellschaft: sie grenzen sich ab, sie spielen damit und sie solidarisieren sich. Dem erarbeiteten Untersuchungskonzept liegt ein hybrider Begriff des Politischen zugrunde, der nicht nur ermöglicht, die alltäglichen Praxen auf ihren Gehalt der latenten und manifesten Politischen Sozialisation zu erforschen und damit die geschlechtliche Sozialisation als Bestandteil der politischen zu begreifen, sondern auch einen Erklärungsansatz für den aktuellen Rechtsruck der Gesellschaft bietet. Damit werden milieuspezifische Sozialisationsprozesse in einem vermeintlich vorpolitischen oder privaten Raum sichtbar und analysierbar gemacht. Die in der deutschsprachigen Politikwissenschaft bisher (noch) nicht sehr verbreitete Methode der Ethnografie schafft den Raum, die politischen Prozesse des alltäglichen Zusammenlebens und der Interaktionen sichtbar zu machen und öffnet die Analyse für die Frage derjenigen Sinngebungsprozesse , „die sich auf konkrete Bewältigungs- und Veränderungspotenziale und auf deren Realisierung in Handlungsstrategien beziehen, besonders dort, wo sie sich auf den Zusammenhang von Lebenswirklichkeit und Herrschaftsverhältnisse richten, da hier das "Politische" von den Subjekten (Individuen und Gruppen) unmittelbar erfahrbar wird.“ (Kulke 1982). Damit können die Gelegenheitsstrukturen ländlicher Räume in den Fokus der Untersuchung rücken, denn die Identifizierung dieser braucht ein Analysewerkzeug mit dem die Sinngebungsprozesse im Alltäglichen untersucht werden können. Insbesondere in Räumen, die als unpolitisch oder politikfern deklariert werden, gilt es, den politischen Gehalt zu analysieren, um konservative und regressive Momente identifizieren zu können, die die politische Kultur des ländlichen Raumes oftmals prägen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung