Zur Metallurgie der bronzezeitlichen Artefakte des Fundplatzes Sajtanska (nördlich von Ekaterinburg) vom Typ Sejmo-Turbino in Eurasien
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Sejma-Turbino-Phänomen ist eines der wichtigen kulturellen Phänomene der Bronzezeit Eurasiens und wirft eine Reihe methodischer Schwierigkeiten auf. Denn es handelt sich im Grunde um Kombinationen von Bronzeartefakten, die innerhalb eines ausgedehnten Verbreitungsgebietes zusammen vorkommen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Tüllenbeile, Lanzenspitzen, Dolche mit Voll- oder organischen Griffen und Vollgriffmesser. Die westlichsten dieser Fundplätze liegen in der heutigen Ukraine und die östlichsten im Minusinsker Becken, also über eine Distanz von über 7000 km verteilt. Auf den Fundplätzen mischen sich diese Typen mit lokalen Metalltypen, wie z.B. Flachbeilen oder Schaftlochäxten, steinernen Werkzeugen und Pfeilspitzen und lokaler Keramik. Sejma-Turbino-typische Keramik ist nicht bekannt. Es handelt sich vielmehr stets um Keramiktypen der unterschiedlichen lokalen Kulturen (z.B. Srubnaya, Alakul usw.). Dies wirft methodische Schwierigkeiten auf, da praktisch alle postpaläolithischen Kulturen anhand ihrer Keramik definiert wurden. Aus diesem Grunde wurde von E. N. Chernykh der Begriff des transkulturellen Phänomens für die Sejma-Turbino-Fundplätze geprägt, um den Unterschied zu einer gewöhnlichen keramikdefinierten Kultur hervorzuheben. Fabian Fricke hat sich im Rahmen unserer DFG-geförderten Forschungen dem Verständnis des Sejma-Turbino-Phänomens durch verschiedene Ansätze (Bachelorarbeit, Masterarbeit) genähert. Zuerst ist dabei die traditionelle Arbeitsweise der Archäologie zu nennen – die Typologie der Metallartefakte. Zum Zweiten sind die Spurenelementanalysen, da in der Phase des Sejma-Turbino-Phänomens im Westen des Verbreitungsgebietes auch der Übergang von Arsenbronzen und Reinkupfer hin zur Zinnbronze erfolgte. Drittens liegen 46 neue im Rahmen dieses Projektes gewonnene Pb-Isotopen-Analysen vor, die von 41 Artefakten von dem Fundplatz Shaitanskoe Ozero II stammen. Die Geochemie ist für die Erforschung des Sejma-Turbino-Phänomens insofern von Bedeutung, als das Verbreitungsgebiet zwei große Erzregionen umfasst. Den Ural im Westen und das Altai-Gebirge und Ostkasachstan im Osten. Das Ergebnis der Spurenelementanalysen und der Typenverbreitung deutet ebenfalls darauf hin, dass der Region um den Altai nicht mehr zwingend als Ursprungsregion des Sejma-Turbino-Phänomens identifiziert werden kann. Die Funddichte, wie das Spektrum an verschiedenen Typen der allermeisten Artefakte ist im Westen des Verbreitungsgebietes wesentlich größer. Im Osten wurden praktisch ausschließlich Zinnbronzen verwendet, im Westen auch Arsenbronzen und Reinkupfer. Anhand von 14C-Daten sind einige der westlichen Fundplätze nicht jünger als die Östlichen einzustufen. Um diese Frage zu klären braucht es mehr Forschung. Neben einer hoch auflösenden Chronologie sollten zukünftige Forschungen insbesondere die Geochemie (Pb-Isotopen) umfassen, um ein besseres Verständnis für die Interaktion der verschiedenen Erzregionen innerhalb des Sejma-Turbino-Phänomens zu erlangen. Erst durch die Klärung dieser Fragen können weiterführende und äußerst spannende Frage nach der Beeinflussung der europäischen Bronzezeit (insbesondere in Bezug auf die Tüllenbeile) weiterverfolgt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Early tin-metallurgy in Eurasia – Sintashta-Petrovka and Seima-Turbino. Int. Tagung “Phenomena of the cultures of the Eneolithic – the Early bronze age of a steppe and forest-steppe of Eurasia: ways of the cultural interaction in the V-III millennium BC”. 16 to 19 April 2019 in Orenburg, Orenburg State Pedagogical University
F. Fricke, R. Krause