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Stigma-Bewusstsein von Arbeitslosen und Vorurteile gegenüber Arbeitslosen

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2014 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 260587596
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ausgehend von der hohen Bedeutung sozialer Ausgrenzungsprozesse untersucht das Forschungsprojekt die Wahrnehmung von Stigmatisierung unter Arbeitslosen sowie komplementär dazu die Vorurteilsneigung gegenüber Arbeitslosen. Die theoretische Fundierung des Projekts knüpft vor allem an die Überlegungen des Soziologen Erving Goffman zum Stigma, aber auch an verwandte Reflexionen zur Abweichung und sozialpsychologische Theorien an. Die einzelnen Untersuchungen sind zum Teil im Mixed-Method Design angelegt. Anders als vorhergehende Analysen, welche die Arbeitslosigkeit oder die Dauer der Arbeitslosigkeit als Näherungsmaß für Stigmatisierungen verwenden, werden hier zwei Skalen genutzt, die von uns entwickelt wurden und in der siebten Welle des Panels "Arbeitsmarkt und soziale Sicherung" (PASS) erhoben wurden. Diese messen sowohl das Stigmabewusstsein Arbeitsloser als auch die Vorurteilsneigung Erwerbstätiger gegenüber arbeitslosen Personen direkt. Neben der sekundäranalytischen Auswertung von Interviewdaten aus dem Panel „Armutsdynamik und Arbeitsmarkt" wurden 12 problemzentrierte Interviews mit von Arbeitslosigkeit Betroffenen durchgeführt. Vor allem vor dem Hintergrund abwertender und pauschaler Verlautbarungen in verschiedenen Diskursen (Medien, Politik), der ungebrochenen normativen Geltung von Erwerbsarbeit und den Mechanismen sozialer Kontrolle und Disziplinierung lässt sich die Stigmaqualität von Arbeitslosigkeit darlegen. Die von Arbeitslosigkeit Betroffenen machen in vielen Fällen leidvolle Erfahrungen mit Stigmatisierungen. Im Stigmabewusstsein der von Arbeitslosigkeit Betroffenen kommen Scham- und Unterlegenheitsgefühle sowie Annahmen über die pauschal abwertenden Zuschreibungen ihrer Gruppe gegenüber zum Ausdruck. Insbesondere über manifesten Erfahrungen mit der Zuschreibung negativ bewerteter Merkmale wird den Arbeitslosen bewusst, dass sie aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit über Eigenschaften verfügen, die dazu führen, dass ihnen weniger Achtung entgegengebracht wird. Arbeitslose berichten z.T. umfänglich von antizipierten oder erlebten negativen Zuschreibungen in Bezug auf ihren Status und den Folgen. Besonders deutlich wird bei den Schilderungen der hohe Stellenwert der Maßnahmen der Arbeitsvermittlung. Diese (zwangsweisen) Versuche, den Arbeitslosen zu mehr Beschäftigungsfähigkeit und Verfügbarkeit zu verhelfen, sie zu aktivieren und sie an die Erwerbssphäre zu binden, führen für einen Teil der von uns Interviewten zu einem Verlust an Handlungsmöglichkeiten, intentionaler Steuerung, zur Dominanz reaktiver Handlungsmuster und zu Angst. Auf breiter empirischer Basis zeigt sich überdies, dass das Stigmabewusstsein wesentlich vom Ausmaß sozialer Kontrolle, der Dauer der Arbeitslosigkeit, der materiellen Deprivation und der Anzahl der Arbeitslosigkeitsperioden abhängt. Ein hohes Stigmabewusstsein der Arbeitslosen führt zur erhöhten Bereitschaft, nach offenen Stellen zu suchen, nicht aber, so unsere Analysen im Zeitverlauf dazu, dass sich die Chancen der Wiederbeschäftigung erhöhen. Bei der Frage nach der Verteilung von Vorurteilen gegenüber Arbeitslosen zeigt sich, dass vor allem jene Gruppen stärkere Vorurteile gegenüber Arbeitslosen haben, die als benachteiligt am Arbeitsmarkt gelten. Insbesondere Frauen, Personen in besonderen Bedarfslagen und Personen mit vergleichsweise geringerer Bildung haben mehr Vorurteile gegenüber Arbeitslosen. Spiegelbildlich zeigt sich, je gebildeter und je höher das gegenwärtige Berufsprestige, desto geringer die Neigung, Arbeitslose abzuwerten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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