Detailseite
Projekt Druckansicht

Stress-induzierter Wechsel vom deklarativen zum prozeduralen Lernen: interindividuelle Unterschiede und neuronale Mechanismen

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 262098807
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Stress ist ein bedeutsamer Einflussfaktor auf Lern- und Gedächtnisprozesse. Dieser Einfluss von Stress ist keineswegs auf die bloße Verbesserung oder Verschlechterung der Erinnerungsleistung beschränkt, sondern zeigt sich auch in der Art und Weise wie gelernt wird. So wurde wiederholt berichtet, dass Stress zu einem Wechsel von der kognitiven, Hippocampus-basierten Kontrolle des Lernens hin zu einer einfacheren, Striatum-basierten Form des Lernens führt. Dieser Wechsel des Gedächtnissystems könnte weitreichende klinische Implikationen haben, weshalb sich die Frage stellt, welche Individuen für diesen Wechsel besonders anfällig oder aber weniger anfällig sind. In dem vorliegenden Projekt wurde die Hypothese geprüft, dass eine genetische Deletionsvariante des Gens ADRA2B, die mit verstärkter noradrenerger Aktivität in Zusammenhang gebracht wird, den Stress-induzierten Wechsel hin zum striatalen Lernen moduliert. Zu diesem Zweck wurden in zwei aufeinander aufbauenden Experimenten 252 (Exp. I) bzw. 138 (Exp. II) gesunde junge Versuchspersonen im Hinblick auf die ADRA2B Deletionsvariante genotypisiert und einer Stressoder Kontrollgruppe unterzogen, bevor sie eine Klassifikationslernaufgabe bearbeiteten, die durch hippocampale oder striatale Strategien bearbeitet werden kann. Während der Aufgabenbearbeitung wurde die Hirnaktivität mit EEG (Exp. I) bzw. fMRT (Exp. II) erfasst. In beiden Experimenten wurde der Stress-induzierte Wechsel zum striatalen Lernen ausschließlich bei jenen Versuchspersonen gefunden, die die ADRA2B Deletionsvariante nicht trugen. Dieser modulierende Einfluss der ADRA2B Deletionsvariante stand mit einer veränderten Amygdala-Putamen Konnektivität nach Stress und einer veränderten Amygdala-Hippocampus Konnektivität unter Ruhe in Zusammenhang. Über die noradrenerge ADRA2B Genvariante hinaus, wurde auch ein Einfluss einer genetischen Variation des Mineralocorticoid-Rezeptors (MR) gefunden, eines Rezeptors der schnelle Glucocorticoideffekte vermittelt. Ein Haplotyp, der mutmaßlich mit gesteigerter MR- Funktionalität assoziiert ist, begünstigte in beiden Experimenten den Wechsel vom hippocampalen zum dorsal striatalen Lernen nach Stress. Auch dieser modulierende Einfluss war maßgeblich mit einer veränderten Amygdala-Kopplung mit dem Hippocampus bzw. dorsalen Striatum verbunden. Zusammengenommen liefern die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes neue Einblicke in die Grundlagen individueller Unterschiede in der Anfälligkeit gegenüber Stresseinflüssen auf die Nutzung anatomisch und funktionell unterscheidbarer Gedächtnissysteme.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung