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Ökologische Grundlagen des Fission-Fusion Socialsystems von Guinea Pavianen (Papio papio)

Antragsteller Dr. Dietmar Zinner
Fachliche Zuordnung Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung von 2014 bis 2017
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 262273522
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein grundlegendes Paradigma der Verhaltensökologie geht davon aus, dass ökologische Bedingungen die räumliche Verteilung von Individuen und damit ihre soziale Organisation prägen. Paviane gelten dabei als eines der wichtigsten Modelle für die Evolution von Sozialsystemen bei Primaten, da sie in unterschiedlichen Habitaten und sozialen Organisationen leben. Ein grundlegender Schritt zum Verständnis der Beziehungen zwischen Ökologie und Sozialsystem besteht in einer quantitativen Analyse der Habitat‐ und Ressourcennutzung der zu untersuchenden Art oder Population. Erkenntnisse zum Bewegungsverhalten und zur Raumnutzungen ergeben Hinweise darauf, wo und wie Tiere ihre Ressourcen nutzen und wie intraspezifische Konkurrenz und Prädationsrisiko das Verhalten und soziale Gruppierungen beeinflussen. Im Gegensatz zu anderen Pavianarten, lagen für Guineapaviane (Papio papio) zu Beginn unserer Studie keine systematischen Daten zu diesem Kontext vor. Ziel unsere Untersuchung waren daher Analysen zur Nahrungsökologie und Habitatnutzung der Guineapaviane, insbesondere in Bezug zur Saisonalität (Regen‐ und Trockenzeit). Die Mehrzahl der untersuchten Gruppen in unserem Untersuchungsgebiet zeigte ein unimodales, zentralisiertes Raumnutzungsmuster. Trotz dieser überwiegenden „Standorttreue“, liefern unsere Analysen auch Anhaltspunkte für weitere Muster. Bei einer Gruppe konnte ein bimodales Muster festgestellt werden (Nutzung verschiedener Kernareale zu verschiedenen Zeiten), die als „migrationsähnliches“ Bewegungsverhalten klassifiziert wurde. Es traten auch multi‐modale Verteilungsmuster auf, die keine Kerngebiete im klassischen Sinn beinhalteten und damit eher einem „nomadischen“ Bewegungsverhalten ähneln. Die proximaten Ursachen für diese Variabilität an Verteilungsmustern ist noch ungeklärt. Sehr wahrscheinlich ist allerdings, dass die bimodale Verteilung mit der Nutzung verschiedener Überschwemmungszonen in Verbindung steht, bzw. die multimodale Verteilung mit der Abwesenheit von Überschwemmungszonen. Im Gegensatz zu unseren Erwartungen waren sowohl die Streifgebiete als auch die Wanderstrecken der Paviane in der Regenzeit größer als in der Trockenzeit. Bei genauerer Untersuchung stellte sich heraus, dass das Raumnutzungsverhalten über den Untersuchungszeitraum oszillierte und nicht die erwartete Regen‐/ Trockenzeitdichotomie wiederspiegelt. Dies deutet darauf hin, dass die Phänologie der Nahrungspflanzen, und damit die zugrundeliegende Abundanz und Verfügbarkeit von Ressourcen im Untersuchungsgebiet komplexer ist als angenommen. Insbesondere in vergleichenden Studien zwischen verschiedenen Pavianen‐Arten, sollte demnach ein größerer Schwerpunkt auf der Differenzierung von kleineren Zeiträumen gelegt werden um das Raumnutzungsverhalten zeitlich detaillierter zu beschreiben. Des Weiteren sind die Überlappungsgrade der Streifgebiete in unserem Untersuchungsgebiet im Vergleich zu anderen Pavianarten ungewöhnlich hoch und die verschiedenen Gruppen zeigten hohe Attraktionswerte. Dies ist wahrscheinlich ebenfalls auf die charakteristischen Überschwemmungsgebiete und deren gemeinsamer Nutzung zurück zu führen. Erleichtert wird die gemeinsame Nutzung der Ressourcen durch die hohe soziale, und damit auch räumliche Toleranz der Guineapaviane, und durch die relative hohe Abundanz von Nahrung im Untersuchungsgebiet. In Bezug auf den Zusammenhang zwischen Ökologie, hier speziell die räumliche und zeitliche Verteilung von Nahrungsressourcen, erbrachte unsere Untersuchung als erste und wichtigste Erkenntnis, dass der Zusammenhang komplexer zu sein scheint als in den Modellen zur Evolution von Sozialsystemen ursprünglich angenommen wurde.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2016. Spatial Ecology of Free‐Ranging Guinea Baboons (Papio papio). Joint meeting of the International Primatological Society and the American Society of Primatologists, Chicago (21‐27, August 2916)
    Klapproth M.
  • (2017). Charting the neglected West: The social system of Guinea baboons. American Journal of Physical Anthropology, 162(S63), 15‐31
    Fischer, J., Kopp, G.H., Dal Pesco, F., Goffe, A., Hammerschmidt, K., Kalbitzer, U., Klapproth, M., Maciej, P., Ndao, I., Patzelt, A., Zinner, D.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/ajpa.23144)
  • (2017). Estimation of baboon daily travel path distances by means of point sampling – the magnitude of underestimation. Primate Biology 4, 143‐151
    Sennhenn‐Reulen, H., Diedhiou, L., Klapproth, M., Zinner, D.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.5194/pb‐4‐143‐2017)
  • 2018. Ranging, habitat use and diet of Guinea baboons in Niokolo Koba National Park, Senegal. 27th International Primatological Society Congress, Nairobi (19‐25, August 2018)
    Zinner D.
 
 

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