Regelung eines Mehrpunkt-HGÜ-Systems zum verbundnetzübergreifenden Austausch von Primärleistungsreserven
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurde ein Regelkonzept zum verbundnetzübergreifenden Leistungsaustausch basierend auf einem fiktiven Maschinensatz entwickelt und vorgestellt. Die prinzipielle Funktionsweise des Ansatzes zur Regelung von selbstgeführten 2-Punkt-Stromrichtern, welche über einen gemeinsamen Gleichspannungszwischenkreis verbunden sind, konnte in zahlreichen Simulationen gezeigt werden. Hierbei zeigte sich, dass sich durch die Verwendung eines fiktiven Maschinensatzes bestehend aus jeweils einer starr gekoppelten, fremderregten Gleich- und Synchronmaschine, zur Regelung der Stromrichter ein Leistungsfluss in Abhängigkeit von den Parametern des jeweiligen Netzes einstellt. So lässt sich der Wirkleistungsfluss anhand der Frequenz des Drehstromnetzes und der lokalen Stromrichterspannung auf der Gleichstromseite bestimmen. Da im Gleichspannungsnetz lediglich Wirkleistung übertragen wird, erfolgt der Blindleistungsfluss ausschließlich anhand der Spannungsamplitude der Drehstromnetze. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass sich der Leistungsfluss über die Stromrichter anhand der Erregerspannungen der fiktiven Maschinen regeln lässt. Der Wirkleistungsfluss lässt sich über die Erregerspannung der fiktiven Gleichstrommaschine einstellen, wohingegen die Blindleistungsübertragung abhängig von der Höhe Erregerspannung der fiktiven Synchronmaschine ist. Durch die Vorgabe von Leistungsprofilen und sprungförmigen Leistungsanstiegen konnte die Stabilität des Regelkonzepts im Bezug auf einen geregelten Stromrichter gezeigt werden. Durch eine erweiterte, Statik basierte Regelung der Erregerspannung der Gleichstrommaschine konnte die Stabilität der Gleichspannung und die Rückwirkung der Netzfrequenz des Drehstromnetzes über die Drehzahl des Maschinensatzes verbessert werden. Im weiteren Verlauf des Projekts wurde das entwickelte Regelkonzept auf einem hierfür aufgebauten Prüfstand bestehend aus einem Stromrichter und einer am IALB entwickelten Signalprozessorbaugruppe zur Steuerung desselbigen implementiert und in Betrieb genommen werden. Allerdings zeigten sich im experimentellen Betrieb Probleme bei der Umsetzung der Regelung auf den Prüfstand, insbesondere im Hinblick auf die verwendeten Parameter zur Beschreibung der fiktiven Maschinen in dem Maschinensatzmodell. Ein stabiler Betrieb der Regelung eines Stromrichters konnte innerhalb der Projektlaufzeit nur in Teilen erfolgen. Die Ergebnisse der experimentellen Inbetriebnahme haben gezeigt, dass eine weiterführende Betrachtung des Maschinensatzmodells und eine genaue Analyse der auftretenden Schwingungen notwendig sind. Zur Erweiterung des Simulationsmodells auf das geplante Gesamtsystem, bestehend aus vier Stromrichtern wurde zunächst aus Gründen der benötigten Rechenzeit ein System aus drei gleichspannungsseitig gekoppelten Stromrichtern aufgebaut. Der Lastfluss innerhalb dieses Systems wurde hinsichtlich der Variation der Netzspannung und Netzfrequenz der Drehstromnetze betrachtet. Im Rahmen der Simulation zeigte sich, dass das System mehrerer gekoppelter Stromrichter mit dem verwendeten Regelkonzept zu (niederfrequenten) Schwingungen hinsichtlich der Gleichströme und der Gleichspannung neigt. Die Ursache dieser Schwingungen konnte im Rahmen der Projektlaufzeit nicht abschließend geklärt werden und ist Bestandteil weiterführender Untersuchungen. Neben der Simulation wurde im Rahmen dieses Projekts auch mit dem Aufbau eines Laborprüfstands zur experimentellen Untersuchung des vorgestellten Regelkonzepts auf vier unabhängigen, selbstgeführten Stromrichtern zum Aufbau eines Niederspannungsgleichstromverbundnetzes (NGÜ-Verbundnetz) begonnen. Zur Laufzeit des Projekts konnten alle benötigten Komponenten beschafft werden, allerdings kam es aufgrund von Verzögerungen in den Bestellprozessen und einiger technischer Probleme nicht zu einer Inbetriebnahme des geplanten Prüfstandaufbaus. Mit der zeitnahen Fertigstellung des Prüfstands und der abschließenden Inbetriebnahme ist jedoch zu rechnen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- “Decentral control of multi-terminal HVDC systems with automatic exchange of instantaneous and primary reserve power across AC grids”, EPE’15 ECCE Europe, Genf, Oktober 2015
F. Fein, J. Borecki, H. Groke, B. Orlik
(Siehe online unter https://doi.org/10.1109/EPE.2015.7311690) - "Multi-Terminal HVDC Grid Control Using a Fictitious, Model Based Machine Set," PCIM Europe 2018; International Exhibition and Conference for Power Electronics, Intelligent Motion, Renewable Energy and Energy Management, 2018, pp. 1-8
S. Menzel, A. Ernst, J. Adler, B. Orlik