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Unbeabsichtigte Konsequenzen der Transparenz während der Personalauswahl: Ein Fall von Stereotyper Bedrohung

Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung von 2014 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 263071181
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wie zu Antragsstellung angenommen, zeigten die Ergebnisse der ersten zwei von drei intendierten Studien, dass die Bekanntgabe der Anforderungsdimensionen an Bewerbende sich tatsächlich unterschiedlich auf deren Leistung in Auswahlverfahren hoher Wirklichkeitsnähe (high-fidelity simulation) auswirken kann, abhängig davon, ob Bewerbende gerade zu einer stigmatisiert benachteiligten Gruppe auf diesen Anforderungsdimensionen gehören oder nicht. Genauer führte die Bekanntgabe der stereotyp beladenen Anforderungsdimension „Führung“ zu einer relativen Leistungsminderung von Frauen im Vergleich zu Männern, was zum Teil an den negativen Auswirkungen der Bekanntgabe auf die Leistung von Frauen, ebenso jedoch an den positiven Auswirkungen der Bekanntgabe auf die Leistung von Männern lag. Praktisch bedeutet dies jedoch, dass eine Bekanntgabe der Anforderungsdimensionen während der Personalauswahl geschlechtsstereotype Benachteiligungen eher noch verstärkt als ihnen entgegen zu wirken. Entgegen vorheriger Annahmen ist somit unter Gerechtigkeitsbedingungen von einer solchen Bekanntgabe abzuraten, zumindest bei stereotyp besetzten Dimensionen und unter Bewerbenden, die eh schon für eine stereotype Wahrnehmung und Behandlung ihrer Person sensibilisiert sind. Gleichzeitig ließ sich eine Übertragung dieser Befunde auf Simulationsverfahren geringerer Wirklichkeitsnähe (Interviews, Situational Judgment Tests) nicht nachweisen, wobei alternative Erklärungen methodischer Art leider letztlich nicht auszuschließen sind. Basierend auf diesen Befunden nahmen wir an, dass eine Bekanntgabe der Anforderungsdimensionen auch als Aufforderung verstanden werden kann, sich auf eine bestimmte Art darzustellen, auch wenn das bedeutet, sich verstellen zu müssen. Dies wurde so zwar nicht gefunden, doch zeigte sich, dass sich ein Verstellen während verschiedener Personalauswahlsituationen negativ auf die selbst empfundene Authentizität der Bewerbenden auswirkte, was wiederum Stress erzeugte, was sich dann, zumindest in Verfahren hoher Wirklichkeitsnähe, wie Rollenspielen und Gruppendiskussionen, negativ auf die durch die Bewerbenden gezeigte Leistung auswirkte. Diese Befunde sind insoweit relevant, da sie andeuten, dass ein Verstellen auch in Personalauswahlverfahren hoher Wirklichkeitsnähe tatsächlich passiert, auch wenn die Intention sich zu verstellen zwar in Verfahren sowohl hoher als auch geringer Wirklichkeitsnähe vorhersagbar ist, das tatsächliche Faking / Verstellen in Situationen hoher Wirklichkeitsnähe dagegen nicht – wahrscheinlich aufgrund der Komplexität und Unvorhersagbarkeit solcher Situationen, und dass solch ein Verstellen aber unter Umständen mit negativen Konsequenzen auch für die Bewerbenden selbst verbunden ist. Auch vielversprechend an diesem Ansatz ist die Umkehr der Perspektive in der Faking-Forschung, indem wir hier innere Prozesse der Bewerbenden betrachten, anstelle rein aus organisatorischer Sicht auf die Konsequenzen von Faking auf die organisatorische Entscheidung zu achten – wahrscheinlich der Grund, warum die entsprechende Arbeit 2016 mit dem Nachwuchsförderpreis des Arbeitskreis Assessment Center ausgezeichnet wurde. Mehr etabliert ist die Forschung zur Antwortverzerrung bei der Beantwortung von Persönlichkeitstests während der Personalauswahl. Hier zeigten unsere Befunde zum Auftreten eines zusätzlichen latenten „Ideal Employee Factors“ (IEF) bei Persönlichkeitstests unter (simulierten) Auswahlbedingungen, dass dieser Faktor ausgesprochen hoch mit den längst etablierten Befunden zur Score-Inflation unter solch evaluativen Bedingungen korreliert, es sich also um zwei Folgen des gleichen Phänomens handelt, und dieser auch durch etablierte Prädiktoren (Testmotivation, Fähigkeit, die impliziten Anforderungen der Situation zu lesen, und wahrgenommene Testschwierigkeit) vorhersagen ließ, auch wenn sich die Struktur dieses Faktors entgegen unserer Erwartungen nicht zwischen unterschiedlichen Stellenausschreibungen nennenswert unterschied.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2016). Unintended consequences of transparency during personnel selection: Benefitting some candidates, but harming others? International Journal of Selection and Assessment, 24, 4-13
    Jacksch, V. & Klehe, U.-C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/ijsa.12124)
  • (2018). Using the theory of planned behavior to predict faking in selection exercises varying in fidelity. Journal of Personnel Psychology, 17, 155-160
    Dürr, D. & Klehe, U.-C.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1027/1866-5888/a000211)
 
 

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