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Autokratie oder konsensgestütztes Regiment? Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1758-1817) und seine Regierung aus dem Kabinett

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2014 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 264490880
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen des Projektes konnte gezeigt werden, dass das Bild, welches sich die Geschichtswissenschaft von der Herrschaft des Fürsten Franz von Anhalt-Dessau gemacht hat, revidiert werden muss. In verschiedenen Bereichen wie der Toleranzpolitik, der Agrarpolitik oder auf dem Feld der Schulreformen geben die Protokolle bisweilen ein geradezu konträres Auftreten des Herrschers wider. Gezeigt werden konnte zudem, dass die Herrschaftspraxis des Fürsten keineswegs proaktiv auf die Durchführung von Reformmaßnahmen ausgerichtet war. Vielmehr reagierte Franz mit seinen Verordnungsmaßnahmen gewöhnlich auf äußere Anstöße. Die Auswertung der Kabinettsprotokolle beleuchtet zudem den indirekten Einfluss, den die Supplikanten durch das permanente Insistieren auf bestimmte Problemlagen nehmen konnten. Zudem konnte belegt werden, dass sich Fürst Franz bereits seit den 1790er Jahren – und damit Jahrzehnte vor seinem Tod – zusehends aus der Regierungspraxis zurückzog und diese seinem Sohn sowie später seinen führenden Amtsträgern überließ. Zugleich dokumentieren die Protokolle das dauerhafte Festhalten an der kommunikativen Suggestion des omnipräsenten Herrschers, der sich den Anliegen seiner Untertanen in jeder Einzelheit widmete – ein Bild, das bestenfalls in den ersten Regierungsjahren annährend zuzutreffen scheint. Für die Supplikenforschung sind die Ergebnisse des Projekts insbesondere deshalb von Bedeutung, weil sie erstmals auf derart breiter Quellenbasis die Überprüfung verschiedenster Annahmen ermöglichten. So konnte zumindest für Anhalt-Dessau um 1800 gezeigt werden, dass ‚Justizsuppliken‘ gegenüber ‚Gnadensuppliken‘ nur eine äußerst bescheidene Rolle spielten. Als sehr aufschlussreich wird sich auch die Auswertung des Sozialprofils erweisen, da die Allgemeinzugänglichkeit des Supplizierens aufgrund der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Frage zu stellen ist. Für die Frage nach der Entwicklung moderner Staatswerdung erweist sich zudem die Analyse der transterritorialen Supplikationspraxis mediater Untertanen und die Wahrnehmung dieser Besitzungen als Teil eines einzigen Herrschaftsverbandes als äußerst aufschlussreich.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Der Fürst im Kabinett: Supplikations- und Herrschaftspraxis unter Franz von Anhalt-Dessau (1758–1817). 2021, 560 Seiten, ISBN 978-3-96311-361-1.
    Paul Beckus
 
 

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