Couples and strategies of partnership in 19th century musical culture
Final Report Abstract
In produktiver Arbeitspartnerschaft oder karrierebezogener Konkurrenz, emotional verbunden oder pragmatisch liiert, zum Ideal verklärt oder im Scheitern faszinierend: Bis heute ist Musiker-Paaren weltweit die öffentliche Faszination gewiss - von Faustina Bordoni und Johann Adolph Hasse, Louis und Dorette Spohr, über Robert und Clara Schumann bis John Lennon und Yoko Ono oder aktuell Anna Netrebko und Yusif Eyvazov. Wie Musiker-Paare in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden und werden, sie sich selbst dort zeigten und zeigen, folgt zumeist Klischees und gängigen Narrativen. Dass das Bild des Künstlers und seiner Muse oder das vom Dreiklang von "Liebe, Kunst und Leidenschaft" in populären Medien vorherrschend ist, mag dabei noch wenig verwunderlich sein. Aber auch in wissenschaftlichen Darstellungen dominieren solcherart Stereotype. Selten geht es um die Frage, wie die komplexe Aushandlung von Kunstproduktion bei Paaren funktioniert (oder scheitert) und in welchem Wechselverhältnis (Selbst)Inszenierungen zu Arbeits- und Lebensrealitäten stehen. Zugleich scheint das öffentliche Interesse an kreativen Partnerschaften nicht abzuebben: Öffentlich wurde und wird verhandelt, was eine ideale Künstlerpartnerschaft ausmache, wie das künstlerische Verhältnis zwischen Ehepartnern beschaffen sein solle: Musiker-Paare werden und wurden zum Spiegel von Geschlechterverhältnissen, Ehe- und Partnerschaftskonzepten. Das Projekt ging der Frage nach, wie dieser Diskurs über die Musikerehe sich etablierte und wie er zu dieser Beharrungskraft gelangte, der ihm bis heute eigen ist. Deutlich wurde dabei, dass die Vorstellungen gerade aufgrund ihrer hohen Passgenauigkeit zum Genie-Diskurs und aufgrund der starken Reibungsfläche, die reale Musikerpaare, insbesondere wenn beide in der Öffentlichkeit erfolgreich waren, mit der Vorstellung einer (bürgerlichen) Ehe boten, zu dieser Beharrungskraft führte. Obwohl das Projekt bewusst im 19. (und frühen 20.) Jahrhundert angesiedelt war, zeigt doch die hohe Resonanz, die das Forschungsprojekt in den Medien erfährt (u.a. entsteht aktuell ein vierteiliges Radio-Feature für den ORF zum Thema), die enorme Relevanz des Themas auch für die Gegenwart. Das Projekt migrierte während der Laufzeit zusammen mit der Projektleiterin von Deutschland nach Österreich. Es ist sowohl der DFG als auch den beiden beteiligten Universitäten zu danken, dass trotz dieser Zäsur das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Publications
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„Ideale(e) Musikerehe? Wagners Ehen im Vergleich“, in: Wagner - Gender - Mythen (= Wagner in der Diskussion, Bd. 13), hg. von Christine Fornoff und Melanie Unseld, Würzburg: Königshausen & Neumann 2015, S. 127-144
Fornoff, Christine
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„Die Konzertagentur Wolff und ihre Bedeutung für Virtuosinnen im Berliner Musikleben des 19. Jahrhunderts“, in: Musikerinnen und ihre Netzwerke, hg. von Annkatrin Babbe und Volker Timmermann, Oldenburg: BIS-Verlag der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 2016, S. 41-67
Fornoff, Christine
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„Erinnerung stiften. Voraussetzungen und Handlungsspielräume der Komponistenwitwe Helene Berg“, in: Erinnerung stiften. Helene Berg und das Erbe Alban Bergs, hg. von Daniel Ender, Martin Eybl und Melanie Unseld, Wien: Universal Edition 2018, S. 9-30
Unseld, Melanie
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„Musikerfamilien. Kontinuitäten und Veränderungen im Mikrokosmos der Musikkultur um 1800“, in: Beethoven und andere Hofmusiker seiner Generation. Bericht über den internationalen musikwissenschaftlichen Kongress Bonn, 3.-6. Dezember 2015, hg. von Birgit Lodes, Elisabeth Reisinger und John D. Wilson (= Musik am Bonner kurfürstlichen Hof, Bd. 1), Bonn: Beethoven-Haus 2018, S. 25-54
Unseld, Melanie
